Prisma - Nr. 1/2012

Endlich ein deutscher Abschluss

ESF-Modellprojekt qualifiziert Migranten zu Sozialarbeitern

Das Dilemma ist bekannt: Unter den Migranten aus den osteuropäischen Ländern befinden sich viele mit einem pädagogischen Berufsabschluss, der aber in Deutschland nicht anerkannt wird. Gerade angesichts des ansteigenden Fachkräftebedarfs wäre es volkswirtschaftlich wenig sinnvoll, dieses Potenzial nicht zu nutzen. Ein erster Schritt hierzu ist das Projekt ‚Weiterbildung zur Fachkraft für Sozialarbeit‘.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Warten auf die nächste Unterrichtsstunde - während der viermonatigen Praktikumsphase findet für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einmal wöchentlich in der Fachhochschule Potsdam eine Praktikumsbegleitung statt

Die Atmosphäre ist entspannt - die Teilnehmer des Modellprojekts freuen sich auf das wöchentliche Treffen in der Fachhochschule Potsdam. Denn die Migrantinnen und Migranten haben sich in dem gut einem Jahr als Gruppe zusammengefunden.

Natalie Schmidt
Natalie Schmidt - Der Abschluss der aus Sibirien stammenden Erzieherin wird in Deutschland nur teilweise anerkannt. Die Spätaussiedlerin hat nach ihrer Ankunft über öffentlich geförderte Maßnahmen als Sozialarbeiterin in der Migrantenbetreuung gearbeitet. Zurzeit absolviert sie ein Praktikum bei der Kreisverwaltung

Doch nun ist es bald vorbei. Und wie bewerten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Weiterbildung? „Die Qualifizierung ist gut, sie hat mir viel gebracht“, dies ist nicht nur die Einschätzung von Natalie Schmidt, sondern auch die ihrer Kollegin Bella Jakowlewa. Beide begründen dies vor allem mit den theoretischen Inhalten, die sie während der 15 Monate gelernt haben. „Durch die Theorie kann ich mich in der Praxis viel sicherer bewegen“, so Natalie Schmidt.

„Viel gebracht“ hat die Weiterbildung auch für das Selbstwertgefühl, denn es sei einfach etwas anderes, mit dem Wissen und dem Abschluss in ein Bewerbungsgespräch zu gehen. „Vorher konnte ich nur sagen, ich habe Erfahrungen auf diesem Gebiet, weil ich das und das gemacht habe. Jetzt kann ich ganz anders auftreten“, beschreibt Bella Jakowlewa die neue Situation.

„Viel bringen“ wird hoffentlich auch das ‚deutsche Zertifikat‘. Bisher hat zwar noch keine der beiden eine Stelle - aber sie sind optimistisch, dass sie den Schritt in die Erwerbstätigkeit schaffen werden. Denn die Wohlfahrtsverbände haben bereits signalisiert, dass sie Interesse an den Projektteilnehmern haben, denn ihr Pluspunkt neben dem Zertifikat sei der Migrationshintergrund.  (em)

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Infos

Weitere Informationen zum Modellprojekt finden Sie auf den Internetseiten der Fachhochschule Potsdam.

ESF-Logo Land BrandenburgDas Projekt wird aus Mitteln des ESF und des Landes gefördert.

Modellprojekt 'Weiterbildung zur Fachkraft für Sozialarbeit'

Das Projekt wurde vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie initiiert, um Migrantinnen und Migranten aus Brandenburg, die einen pädagogischen Abschluss besitzen, der in Deutschland nicht anerkannt wird, zu einem zertifizierten Abschluss zu verhelfen.

Die 15-monatige Weiterbildung startete im Januar 2011 und endet im März 2012. Sie wird von der Otto-Benecke-Stiftung e. V. und der Fachhochschule Potsdam (FHP) durchgeführt. An dem Projekt beteiligen sich insgesamt 19 Teilnehmerinnen und 2 Teilnehmer.

70 zugewanderte Ausländer hatten sich beworben, 21 wurden ausgewählt. Sie kommen überwiegend aus den GUS-Staaten der ehemaligen Sowjetunion. 14 Teilnehmer haben einen ausländischen Lehrerabschluss, sechs sind Pädagogen beziehungsweise Geisteswissenschaftler.

Die Ausbildung begann mit einem dreimonatigen Sprachkurs, der neben allgemeinem Wissen vor allem Fachvokabular vermitteln sollte. Danach schloss sich eine achtmonatige Theorieschulung an, in der Grundlagen der ‚Sozialen Arbeit‘, Sozialpolitik, Soziologie und Psychologie gelehrt wurden. Das Ende der Theoriephase bildete eine Spezialisierung in den Bereichen Migration, Alter und Behinderung oder Kindheit und Jugend. Zurzeit befinden sich die Teilnehmer in der abschließenden viermonatigen Praktikumsphase. In dieser Phase treffen sie sich einmal wöchentlich in der Fachhochschule zur Praktikumsbegleitung.

Am Ende der Qualifizierung erhalten die Projektteilnehmer das Zertifikat ‚Fachkraft für Sozialarbeit‘. Allerdings ist der Abschluss staatlich nicht anerkannt. Die Projektverantwortlichen sind sich dennoch sicher, dass die Teilnehmer einen Job finden werden, denn bereits im Vorfeld haben große Wohlfahrtsverbände als potenzielle Arbeitgeber Interesse gezeigt.