Prisma - Nr. 1/2012

Männerberufe - Frauenberufe

Studie zeigt starke Geschlechtertrennung zwischen den Berufen

Was eine Person beruflich macht, hängt vor allem von ihrem Geschlecht ab. So sind Krankenpfleger seltene Exemplare, ebenso wie Maurerinnen oder Kfz-Mechatronikerinnen. Und Frauen konzentrieren sich auf weit weniger Berufe als Männer. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat untersucht, wie sich in Brandenburg Frauen und Männer auf die Berufe verteilen. Dr. Sandra Wagner vom Brandenburger Arbeitsministerium hat die Studie gelesen und stellt interessante Ergebnisse vor.

Fast jede dritte Frau im Land Brandenburg arbeitet in einem von fünf Berufsfeldern. In diesen Berufsfeldern beträgt der Anteil der Mitarbeiterinnen zwischen 80 und 100 Prozent. Dazu gehören unter anderem Berufe in der Körperpflege, soziale Berufe und Gesundheitsberufe.

Noch stärker unter sich sind Männer in ihren Berufsdomänen. Neun Berufsfelder gehören in Brandenburg zu den stark segregierten männertypischen Berufsfeldern. Hier liegt der Anteil der Männer zwischen 90 und 100 Prozent. Fast jeder Zweite aller sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männer ist in einem dieser neun Berufsfelder tätig. Zu den stark segregierten männertypischen Berufsfeldern zählen unter anderem Metall- und Anlagenbau, Elektroberufe sowie Fahr-, Flugzeugbau und Wartungsberufe.

Noch immer selten - Mechatronikerinnen
Noch immer selten - Mechatronikerinnen

Eher jüngere Männer in frauendominierten Berufen

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat die Struktur der Beschäftigten in den segregierten Berufsfeldern Brandenburgs nach Alter, Arbeitszeit und Qualifikation analysiert. Dabei kamen die Wissenschaftler zu folgenden Ergebnissen:

  • die Männer in den frauendominierten Berufsfeldern sind im Durchschnitt jünger als die Frauen;
  • der Arbeitsmarkt in den frauendominierten Berufsfeldern ist auf Teilzeitbeschäftigungsmodelle eingestellt, beispielsweise Gesundheitsberufe;
  • in den frauendominierten Berufsfeldern verfügen Männer häufiger über einen Hochschulabschluss als die dort beschäftigten Frauen.

Die Wissenschaftler des IAB haben ermittelt, welche Prozentzahl der Beschäftigten ihren Beruf wechseln müssten, um eine Gleichverteilung der Geschlechter über alle Berufe zu ermöglichen. Dazu verwenden sie den ‚Dissimilaritätsindex‘. Im Jahr 2009 betrug dieser Indikator in Brandenburg fast 60 Prozent. Das heißt, fast 60 Prozent der Beschäftigten müssten den Beruf wechseln. Gegenüber dem Jahr 1993 waren das drei Prozentpunkte weniger. Dieser Rückgang wurde durch zwei Komponenten je hälftig begünstigt: den ‚Berufseffekt‘, der auf einem berufsstrukturellen Wandel beruht, und den ‚Geschlechtereffekt‘, der sich aus der Veränderung der Geschlechterzusammensetzung in den Berufen ergibt.

Beschäftigungsrückgänge in männertypischen Berufen

Die stärksten Berufseffekte gingen in Brandenburg von männerdominierten Berufsfeldern infolge von Beschäftigungsrückgängen aus. So verloren die Bauberufe von 1993 bis 2009 gut 52 Prozent und die kaufmännischen Berufe 4,5 Prozent der Beschäftigten. An den Schulen ging die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer um fast die Hälfte zurück. Diese Beschäftigungsverluste reduzierten den Segregationsgrad in Brandenburg.

Jedoch wurde der durch den Berufseffekt begünstigte Rückgang des Segregationsgrades durch die Beschäftigungszunahme in dem von Frauen dominierten Berufsfeld ‚Gesundheitsberufe‘ gebremst. 2009 arbeiteten 74 Prozent mehr Beschäftigte in den Gesundheitsberufen als noch 1993.

Die stärksten Geschlechtereffekte gingen von der veränderten Geschlechterzusammensetzung in den Berufsfeldern Koch/Köchin, Geschäftsführung/Wirtschaftsprüfung/Unternehmensberatung sowie in Rechtsberufen aus.

Dr. Sandra Wagner
Dr. Sandra Wagner, MASF

Schlussfolgerungen

Die IAB-Studie greift ein Thema auf, das die soziologische Arbeitsmarkt- und Ungleichheitsforschung seit Langem beschäftigt (siehe Kasten mit Literaturhinweisen rechts, d. Red.), auch international. So zeigt die International Labor Organization für über 40 Länder ein hohes Ausmaß an beruflicher Geschlechtersegregation, das sich erst seit Anfang der 2000er-Jahre etwas verbessert (International Labor Organization 2003). Nur einige asiatische Länder bilden eine Ausnahme. Sie zeigen wenig geschlechtsspezifische berufliche Ungleichverteilung (Anker 1998).

Für die Region Berlin-Brandenburg kommt die IAB-Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Verteilung von Frauen und Männern auf die Berufe in Brandenburg langfristig gleichmäßiger geworden ist. Dennoch sind die klassischen geschlechtsspezifischen Muster weitgehend erhalten geblieben.

Der Rückgang der beruflichen Ungleichheit nach Geschlecht wird zum einen auf eine gleichmäßigere Geschlechterverteilung innerhalb der Berufe zurückgeführt. Zum anderen spielen erhebliche Beschäftigungsveränderungen im Untersuchungszeitraum 1993-2009 eine Rolle.

Eine Vorreiterrolle zeigt sich beim öffentlichen Dienst: So hat sich der Anteil von Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst in Ostdeutschland zwischen 2000 und 2007 auf 45 Prozent erhöht. In der Privatwirtschaft Ostdeutschlands liegt er bei 29 Prozent, während in westdeutschen Privatunternehmen nur 24 Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt sind.

Zusammengefasst heißt das, dass die Konsequenzen geschlechtstypischer Berufsentscheidungen mit den wirtschaftsstrukturellen und demografischen Bedingungen variieren. Deshalb sollten Maßnahmen der Berufs- und Studienorientierung im Land Brandenburg weiterhin frühzeitig und geschlechtersensibel durchgeführt werden (vgl. Landeskonzept zur Berufs- und Studienorientierung 2008).  Jedoch können langfristige Einflüsse, wie wirtschaftliche Entwicklung und Demografie, Karrierewege je nach Branche fördern oder behindern.

Die Autorinnen und Autoren des IAB regional Berlin-Brandenburg haben die für die Arbeitsmarktpolitik interessante Frage nach der beruflichen Segregation von Frauen und Männern in Berlin-Brandenburg im Zeitverlauf empirisch anschaulich dargestellt. Im Anschluss an Falk (2002) wird die wissenschaftliche Auseinandersetzung um frauen- und männertypische Berufsfelder in Ostdeutschland durch diese Regionalstudie weiter angestoßen. 

Dr. Sandra Wagner,
Ministerium für Arbeit, Soziales,
Frauen und Familie des Landes Brandenburg

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Studie: Segregierte Berufsfelder im Land Brandenburg

IAB-Studie

Ausgangspunkt für die Regionalstudie Berlin-Brandenburg des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung war, dass sich geschlechtsspezifische Berufsstrukturen immer noch stark unterscheiden und vor allem Frauen sich in ihrer Berufswahl auf wenige Berufe konzentrieren. Der Untersuchungszeitraum war 1993-2009.
Infos
Wiethölter, Doris; Bogai, Dieter; Schönwetter, Stephanie (2011): Berufliche Segregation von Frauen und Männern in Berlin-Brandenburg.
IAB-Regional, Heft 1/2011 als PDF-Datei auf den Internetseiten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 

Die fünf frauendominierten Berufsfelder

  • Körperpflege;
  • soziale Berufe;
  • Gesundheitsberufe;
  • Berufe des Finanz- und Rechnungswesens, der Buchhaltung;
  • Bürohilfsberufe.

Die neun männerdominierten Berufsfelder

Die Anzahl der stark segregierten männertypischen Berufsfelder Brandenburgs ist mit neun Berufsfeldern fast doppelt so hoch wie bei den Frauen. Zu den stark segregierten männertypischen Berufsfeldern zählen:

  • Metall-, Anlagenbau, Blechkonstruktion, Installation, Montierer/innen;
  • Hausmeister/innen;
  • Metallerzeugung und -bearbeitung;
  • Verkehrsberufe;
  • Elektroberufe;
  • Bergleute, Mineralgewinner;
  • Bauberufe, Holz-, Kunststoffe;
  • Industrie- und Werkzeugmechaniker/innen;
  • Fahr-, Flugzeugbau und Wartungsberufe.

Zahl frauentypischer Berufsfelder ist gesunken, die der Männer gestiegen

Die Zahl der stark segregierten frauentypischen Berufsfelder im Land Brandenburg ging 2009 gegenüber 1993 von elf auf fünf im Jahr 2009 zurück. Im Gegensatz dazu ist die Zahl der stark segregierten männertypischen Berufsfelder von sieben auf neun gestiegen.

Literatur

  • Allmendinger, Jutta; Hackman, J. Richard (1995): The More, the Better? On the Inclusion of Women in Professional Organizations. In: Social Forces, Vol. 74. S. 423-460.
  • Anker, Richard (1998): Gender and Jobs. Sex Segregation of Occupations in the World. Genf: International Labour Office.
  • Falk, Susanne (2002): Geschlechtsspezifische berufliche Segregation in Ostdeutschland zwischen Persistenz, Verdrängung und Angleichung: ein Vergleich mit Westdeutschland für die Jahre 1992 -2000. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Jg. 35/2002, H. 1, S. 37-58.
  • International Labor Organization (2003): Yearbook of Labour Statistics. Genf: International Labour Office.
  • Trappe, Heike (2001): Berufliche Segregation im Kontext. Über einige Folgen geschlechtstypischer Berufsentscheidungen in Ost-und Westdeutschland. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Vol. 58, Nr. 1, S. 50-78.