EU-Bulletin - Nr. 2/2012

Zukunft des Europäischen Sozialfonds in Deutschland

Die Vorbereitung der neuen Förderperiode ist im vollen Gange

Die Vorschläge der Europäischen Kommission zum Förderzeitraum 2014 bis 2020 der EU-Strukturfonds werden derzeit kritisch ausgewertet. Zugleich dienen sie als Grundlage für die in den Mitgliedstaaten bereits laufenden Vorbereitungen auf die Zeit nach 2013.

Aus der Perspektive der Bundesländer hat der Bundesrat inzwischen Stellungnahmen zum Vorschlag für die EU-Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für die verschiedenen Fonds und zum Vorschlag zur künftigen Verordnung für den Europäischen Sozialfonds (ESF) beschlossen. Im Vorfeld dazu formulierten die ESF-Verwaltungsbehörden von Bund und Ländern ihre Einschätzungen zu Eckpunkten der Kommissionsvorschläge in einem Positionspapier. Darin unterstreichen sie: „Unser gemeinsames Ziel ist es, den ESF auch ab 2014 erfolgreich umzusetzen. Dazu brauchen wir aber Gestaltungsspielräume, Planungssicherheit sowie einen effektiven und flexiblen Rahmen, der nicht zu bürokratisch ist und die eigentliche Umsetzung behindert. Nur so können wir den europäischen Mehrwert und die hohe Akzeptanz für den ESF erhalten.“

Zu den wesentlichen Kritikpunkten von Bundesrat und ESF-Verwaltungsbehörden gehören die unterbreiteten Vorschläge zur Partnerschaftsvereinbarung, zur thematischen Schwerpunktsetzung, zu Konditionalitäten und zur breiten Anwendung delegierter Rechtsakte.

Partnerschaftsvereinbarung

Die neu vorgesehene zwischen der EU-Kommission und dem Mitgliedstaat abzuschließende Partnerschaftsvereinbarung soll den Rahmen für den Einsatz der EU-Mittel in den Jahren 2014 bis 2020 bilden. Dabei beabsichtigt die Kommission, nicht nur die Kernelemente der Operationellen Programme (OP) des Mitgliedstaates aufzunehmen, sondern auch die politischen Strategien sowie damit zusammenhängende Indikatoren und Meilensteine.

Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass daraus langwierige Abstimmungs- und Koordinierungsprozesse resultieren würden, die den rechtzeitigen Start der Förderungen sowie den effizienten und effektiven Mitteleinsatz  gefährden könnten. Zudem würden schwer zu kalkulierende und unzumutbare Haushaltsrisiken geschaffen und in die föderalen Strukturen in Deutschland eingegriffen. Vielmehr sollte eine Partnerschaftsvereinbarung die strategischen Prioritäten und Ziele auf nationaler Ebene enthalten und die Programmplanung und Umsetzung weiterhin hauptsächlich über das OP erfolgen. 

Thematische Schwerpunktsetzung

Der Bundesrat und die ESF-Verwaltungsbehörden begrüßen die Konzentration der ESF-Förderung mit Fokus auf die Europa-2020-Ziele. Allerdings werden Gestaltungsspielräume eingefordert. Sie sollen es erlauben, nicht nur von der europäischen Ebene gesetzte Themen, sondern auch regionale Bedarfe angemessen zu berücksichtigen. Die Konzentration eines Großteils der Mittel auf nur vier Investitionsprioritäten laufe dem zuwider.

Ex-ante-Konditionalitäten

In den Kommissionsvorschlägen ist eine lange Liste von Vorbedingungen (Ex-ante-Konditionalitäten) enthalten, die vom Bund bzw. von den Ländern erfüllt werden müssen, um die Fördermittel aus Brüssel tatsächlich zu erhalten. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, die Konditionalitäten generell nur auf solche Bereiche zu beschränken, die im Rahmen der Programmumsetzung zu beeinflussen sind.

Delegierung von Rechtsakten

Einen weiteren Schwerpunkt der Kritik bildet die an vielen Stellen in den Vorschlägen verankerte Befugnis der EU-Kommission, auf Basis der betreffenden Verordnung konkretisierende Bestimmungen zu erlassen, sogenannte delegierte Rechtsakte. Zum einen wird darauf hingewiesen, dass ein von Beginn an verbindliches und abschließendes Regelwerk eine zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Förderung darstelle. Zum anderen würden der Kommission Handlungsspielräume eingeräumt, deren Ausmaß nicht abschätzbar sei.

Es ist unklar, inwieweit die Anregungen und Forderungen des Bundesrates im EU-Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen und in die letztlich vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union zu beschließenden Verordnungen einfließen werden. Brandenburgs Arbeitsminister Günter Baaske hat das Positionspapier der ESF-Verwaltungsbehörden und die Stellungnahmen des Bundesrates an die Mitglieder des EU-Parlaments übersandt. Unabhängig davon laufen in den Bundesländern die Planungen und Abstimmungen für den bevorstehenden Förderzeitraum.

Raul Skorubski, BBJ Consult AG

Baustelle Europa
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Infos

  • Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für die EU-Verordnung zu den Fonds (Drucksache 629/11) als PDF-Datei auf den Internetseiten des Bundesrates
  • Beschluss des Bundesrates zur Verordnung für den ESF (Drucksache 598/11) als PDF-Datei auf den Internetseiten des Bundesrates
  • Positionspapier der ESF-Verwaltungsbehörden zu den Legislativvorschlägen der Kommission als PDF-Datei auf den Internetseiten des ESF im Land Brandenburg