LASA Brandenburg GmbH (Druckversion): Europäische Agenda für Erwachsenenbildung erneuert

Europäische Agenda für Erwachsenenbildung erneuert

Impulse für die nächsten Jahre

Ende des Jahres 2011 hat der Rat der Bildungsminister der Europäischen Union die erneuerte Agenda für die Erwachsenenbildung verabschiedet. Diese Agenda baut auf den Ergebnissen des ‚Aktionsplans Erwachsenenbildung: Zum Lernen ist es nie zu spät‘ aus dem Jahr 2007 auf. In der erneuerten Agenda bekräftigt der Rat, dass das lebenslange Lernen und die kontinuierliche Entwicklung neuer Schlüsselkompetenzen während des gesamten Berufslebens von zentraler Bedeutung seien. Sie sind wichtige Voraussetzungen, um die gegenwärtige ökonomische Krise zu bewältigen und die Wachstumsziele der EU-Strategie Europa 2020 zu erreichen.

Erwachsenenbildung schließt alle Typen des Lernens durch Erwachsene nach der Erstausbildung ein. Dazu zählt das Lernen für persönliche, zivilgesellschaftliche und soziale Zwecke ebenso wie das berufsbezogene Lernen, unabhängig, ob es in formalen Ausbildungs- und Weiterbildungssystemen oder in anderen Zusammenhängen geschieht.

Der Aktionsplan Erwachsenenbildung war ausgerichtet auf die Jahre 2008 bis 2010. Er enthielt erstmalig eine Liste gemeinsamer Prioritäten. So wurde die Kooperation in der EU auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung mithilfe der offenen Methode der Koordinierung (OMK) intensiviert. Die OMK bietet einen unverbindlichen Rahmen für den Meinungsaustausch und ermöglicht ein abgestimmtes Vorgehen der Mitgliedstaaten. Das Hauptaugenmerk lag auf gering qualifizierte Menschen und Personen, deren fachliche Qualifikation nicht mehr zeitgemäß war, wie z. B. Menschen ohne Berufsausbildung, Schulabbrecher sowie Migrantinnen und Migranten.

Im Jahr 2009 hat der EU-Rat mit dem Ziel, die Kooperation der Mitgliedstaaten zu fördern, den ‚strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung‘ (ET 2020) beschlossen. Darin wird dem lebenslangen Lernen nicht nur eine fundamentale Bedeutung zugesprochen, sondern jede Art des Lernens (formal, nicht formal oder informell, s. Kasten auf S. 27, d. Red.) auf allen Ebenen einbezogen. Somit reicht das Spektrum von der frühkindlichen Bildung über die Schulbildung, Hochschulbildung und Berufsausbildung bis hin zur Erwachsenenbildung.

Seitdem hat sich allerdings der ökonomische und politische Kontext verschärft. Die Europäische Union muss die tiefste Finanz- und Wirtschaftskrise ihrer bisherigen Geschichte bewältigen. Mit der Strategie Europa 2020 will sie ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wirtschaftswachstum für Europa bis zum Jahr 2020 erreichen. Hierfür sollen auch die Potenziale der Erwachsenenbildung genutzt werden. Die erneuerte Agenda für Erwachsenenbildung enthält die dazu von den EU-Mitgliedstaaten vereinbarten politischen Orientierungen.

Azubis in einer Werkstatt
Die Ausbildung ist in Bezug auf das lebenslange Lernen nur ein kleiner Abschnitt im Berufsleben - diese Erkenntnis sollte bereits in der Schulzeit reifen

Erwachsenenbildung im Kontext der Strategie Europa 2020

Nach Einschätzung der EU ist die Erwachsenenbildung gegenwärtig das schwächste Glied in der Entwicklung nationaler Systeme des lebenslangen Lernens. Im Hinblick auf die Strategie ‚Europa 2020‘ sei es erforderlich, verbesserte Angebote für die große Zahl gering qualifizierter Europäerinnen und Europäer zu entwickeln.

An erster Stelle stehen dafür Angebote zur Vermittlung von Kompetenzen der Grundbildung wie das Lesen, Rechnen und Maßnahmen der ‚zweiten Chance‘ als Vorstufe zu einer Höherqualifizierung für einen Arbeitsplatz und das praktische Leben im Allgemeinen. So sei es auch erforderlich, den Erwerb von Grundfertigkeiten als Basis für die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen jedem zu ermöglichen.

Das Problem des Schulabbruchs sowie die Ausbildung und soziale Eingliederung von Migranten und benachteiligten Gruppen müsse dringend bewältigt werden. Diese Probleme verlangten eine konzertierte Aktion in der Schul- und in der Erwachsenenbildung.

Außerdem unterstreicht der Rat, dass die Erwachsenenbildung dazu beiträgt, Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit, Kreativität, Innovation und unternehmerisches Denken zu fördern. Sie spielt eine wichtige Rolle für die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und Arbeitsmarktmobilität ihrer Beschäftigten. Er fordert unter anderem auf, umfassende Lernangebote auch für ältere Menschen vorzusehen. Damit können sie aktiv, selbstständig und gesund alt werden und dabei ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihr soziales und kulturelles Kapital für die Gesellschaft einbringen.

Die erneuerte europäische Agenda für die Erwachsenenbildung soll an den Aktionsplan Erwachsenenbildung anknüpfen. Dabei können die politischen Initiativen für die Schulbildung, Hochschulbildung (Bologna-Prozess) und berufliche Bildung (Kopenhagen-Prozess) vervollständigt werden.

Die erneuerte Agenda für die Erwachsenenbildung

In der Agenda sind fünf prioritäre Handlungsbereiche für die Jahre 2012 bis 2014 benannt und jeweils mit aus europäischer Perspektive relevanten Aspekten untersetzt:

  1. Verwirklichung von lebenslangem Lernen und Mobilität;
  2. Verbesserung der Qualität und Effizienz in Bildung und Ausbildung;
  3. Förderung der Chancengleichheit, des sozialen Zusammenhalts und des aktiven Bürgersinns durch die Erwachsenenbildung;
  4. Stärkung der Kreativität und Innovationskraft Erwachsener und ihres Lernumfelds;
  5. Verbesserung der Wissensbasis über die Erwachsenenbildung und der Überwachung des Erwachsenenbildungssektors.

Die Mitgliedstaaten sind nun aufgerufen, entsprechend den innerstaatlichen Gegebenheiten in diesem Rahmen die speziell für ihren Bedarf wesentlichsten Punkte herauszugreifen und zu bearbeiten. Auch für die erneuerte europäische Agenda wird die OMK genutzt. Dies bedeutet, die Verantwortung für Bildungsfragen bleibt bei den Mitgliedstaaten, während die Europäische Kommission unterstützend und koordinierend tätig ist.

Der Rat der Europäischen Union schlägt vor, einen neuen Ansatz für die Erwachsenenbildung auszuarbeiten. Dieser soll mehr auf die Verantwortung und Autonomie des Lernenden setzen. Notwendig wären auch wirksame Systeme der lebenslangen Bildungsberatung sowie integrierte Systeme zur Anerkennung von Qualifikationen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die durch nicht formale und informelle Lernformen angeeignet wurden. Die Kommission wird durch den Rat aufgefordert, die Rolle der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft bei der Formulierung des Fortbildungsbedarfs und der Entwicklung von Lernchancen für Erwachsene zu stärken. Dieser Prozess, in dem zentrale, regionale und kommunale Behörden mitwirken, soll daraufhin optimiert werden.

Die Mitgliedstaaten werden ersucht, eine nationale Kontaktstelle zu benennen, um die Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission bei der Ausführung der Agenda für die Erwachsenenbildung zu erleichtern.

Gabriele Pedrini, BBJ Consult AG

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Infos

Auf den Internetseiten der Europäischen Union zum EU-Recht finden Sie als PDF-Dateien:

"Um sowohl den kurz- als auch den langfristigen Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu begegnen, müssen Erwachsene ihre persönlichen und beruflichen Fertigkeiten und Kompetenzen regelmäßig weiterentwickeln. Angesichts der derzeitigen instabilen Lage des Arbeitsmarktes und der Notwendigkeit, das Risiko sozialer Ausgrenzung zu verringern, gilt dies insbesondere für die Geringqualifizierten. Indessen können alle Erwachsenen - auch die Hochqualifizierten - vom lebenslangen Lernen beträchtlich profitieren."

Quelle: Entschließung des Rates über eine erneuerte europäische Agenda für die Erwachsenenbildung

Was ist formales, nicht (non) formales und informelles Lernen?

Die Begriffe ‚formal‘, ‚nicht (non) formal‘ und ‚informell‘ dienen der Systematisierung und Beschreibung der vielfältigen und sehr unterschiedlich organisierten Lernprozesse im Leben eines Menschen. Die Lernprozesse verlaufen in verschiedenen Zusammenhängen bewusst und auch zufällig. Die Diskussion um eine abschließende Definition ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

Die Kommission verwendet in ihrem Memorandum die folgende Definition:

Quelle
Kommission der Europäischen Gemeinschaft (2000), ‚Memorandum über Lebenslanges Lernen‘, SEK (2000) 1832, Brüssel, S. 9 f.