LASA Brandenburg GmbH (Druckversion): Berufliche Bildung - Strategien und Ziele in der europäischen Zusammenarbeit

Gärtner beschneiden Sträucher

Der neue Formschnitt für berufliche Bildung:

Vom strategischen Rahmen zum Aktionsplan für eine koordinierte Zusammenarbeit in Europa 

Fachkräfte · Qualifizierung

Berufliche Bildung - Strategien und Ziele in der europäischen Zusammenarbeit

Die Unterschiede hinsichtlich Qualifikation und Bildung zwischen den EU-Mitgliedstaaten sind noch sehr hoch. Zu deren Beseitigung steht nicht mehr unendlich viel Zeit zur Verfügung. Aktuelle Herausforderungen drängen.

Die Grundlage der Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung bildet der 2002 in Kopenhagen von den europäischen Bildungsministern, der EU-Kommission und den europäischen Partnern angestoßene Prozess. Dieser soll die Qualität, Attraktivität und Wirksamkeit der beruflichen Bildung durch eine stärkere europäische Zusammenarbeit verbessern. Grundlage der Zusammenarbeit ist die sogenannte ‚Offene Methode der Koordinierung‘ (OMK). Im Abstand von zwei Jahren wurden auf Folgekonferenzen die Prioritäten für die jeweils kommenden Jahre festgelegt.

Zuletzt wurden dem Kopenhagener Prozess im Dezember 2010 auf einer Konferenz in Brügge neue Impulse verliehen: In dem Abschlusskommuniqué wurden die gemeinsamen Ziele in der Berufsbildung für die kommenden Jahre festgelegt. Insbesondere mit Blick auf die EU-Wachstumsstrategie 2020 standen die Senkung der Schulabbrecherquote und die Erhöhung des Anteils der Hochschulabsolventen im Mittelpunkt. Berufliche Bildung soll demzufolge attraktiver, laufbahnbezogener, leichter zugänglich und flexibler werden und zu mehr Gerechtigkeit beim lebenslangen Lernen beitragen. Von dieser ‚globalen Vision‘ ausgehend, beinhaltet das Kommuniqué einen Aktionsplan für die künftige europäische Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung im Zeitraum 2011 bis 2020. Eingebettet ist dieser Aktionsplan in den ‚Strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung‘ (ET 2020), der 2009 vom Rat der Europäischen Union verabschiedet wurde.

Strategischer Rahmen - Allgemeine und berufliche Bildung

Erklärtes Hauptziel ist es, die Mitgliedstaaten bei ihren nationalen Bemühungen um die Weiterentwicklung ihrer Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung zu unterstützen: Zum einen sollen die Bürger der Mitgliedstaaten so bei der Realisierung ihrer persönlichen, sozialen und beruflichen Entwicklungspotenziale unterstützt werden, zum anderen geht es darum, den wirtschaftlichen Wohlstand und die Beschäftigungsfähigkeit in Europa zu sichern.

Das Konzept des lebenslangen Lernens bildet das Grundprinzip des Rahmens, für den vier gemeinsame strategische Ziele festgelegt wurden:

Das Kommuniqué von Brügge

Während sich ET 2020 als strategischer Rahmen nun über die berufliche Aus- und Weiterbildung hinaus auch auf die Vorschule, Schule und Hochschule sowie Erwachsenenbildung erstreckt, konzentriert sich das ‚Bruges-Communiqué‘ speziell auf die berufliche Erstausbildung und Weiterbildung.

Als Herausforderungen der beruflichen Bildung werden die Erholung von der Wirtschafts- und Finanzkrise, die hohe Jugendarbeitslosigkeit sowie die hohe Zahl an gering qualifizierten Arbeitskräften und Schulabbrechern angeführt. Darüber hinaus wird der Übergang zur ‚grünen Wirtschaft‘ als ein Zukunftstrend identifiziert. Das hieße für die berufliche Bildung, entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, wie z. B. zur Energieeffizienz und Abfallverringerung. Als weitere Herausforderungen werden der durch den demografischen Wandel gesteigerte Bedarf an Angeboten für das lebenslange Lernen sowie der Abbau noch bestehender Mobilitätshemmnisse für Lernende angeführt. Vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Anforderungen einigten sich in Brügge die Ministerinnen und Minister der EU-Mitgliedstaaten auf eine Reihe von strategischen und kurzfristigen Zielen, die bis 2020 bzw. 2014 erreicht werden sollen.

Qualität, Effizienz und Attraktivität erhöhen

Um die Attraktivität der beruflichen Erstausbildung zu erhöhen, müssten unter anderem die Berufsberatung verbessert und Lernangebote in Unternehmen gefördert werden. Darüber hinaus müssten Schlüsselkompetenzen, wie z. B. Informations- und Kommunikationstechnologien und Fremdsprachen, in den Lehrplänen für die berufliche Erstausbildung wie auch der beruflichen Weiterbildung künftig noch stärker berücksichtigt werden.

Des Weiteren sollen bis Ende 2015 nationale Qualitätssicherungsrahmen für alle Berufsbildungseinrichtungen eingeführt werden. Diese sollen mit dem Europäischen Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (EQAVET) übereinstimmen und auch für berufsbegleitende Praktika gelten. Schließlich sollen die Erstausbildungs- und Weiterbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer und andere ausbildende Fachkräfte verbessert werden.

Lebenslanges Lernen und Mobilität als Realität

Bis zum Jahr 2020 soll laut Kommuniqué ein Anteil von 15 Prozent der Erwachsenen an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung teilnehmen. Als kurzfristiges Ziel für den Zeitraum 2011 bis 2014 ist unter anderem vorgesehen, dass die Mitgliedsländer der Europäischen Union den Ausbau flexibler Ausbildungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel E-Learning oder Ausbildungsmaßnahmen, während der Arbeitszeit weiter unterstützen.
Die Mobilität zu Lernzwecken gilt als Schlüsselelement für lebenslanges Lernen. Deshalb sollten zudem Fremdsprachen und interkulturelle Kompetenzen stärker in den Lehrplänen für die berufliche Bildung verankert werden. Um die Transparenz und wechselseitige Anerkennung von Qualifikationen und Kompetenzen zu vereinfachen, stellt die intensive Nutzung von Instrumenten wie dem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) oder dem Europass durch die Mitgliedsländer ein weiteres Ziel dar.

Kreativität, Innovation und Unternehmergeist fördern

Durch den Aufbau von ‚Wissenspartnerschaften‘ auf nationaler Ebene mit innovativen Unternehmen, Hochschulen, Designzentren und anderen Einrichtungen sollen Berufsbildungseinrichtungen Informationen über neue Entwicklungen und Kompetenzanforderungen gewinnen. Durch eine engere Zusammenarbeit mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und nationalen Wirtschaftsförderungsstellen sollen Kreativität und unternehmerisches Denken verstärkt Einzug in die berufliche Bildung halten. Die Förderung von Unternehmensneugründungen und die Erhöhung der Lernmobilität von Jungunternehmern werden als weitere Maßnahmen genannt.

Gerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt und aktiver Bürgersinn

Unter die strategischen Ziele Gerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt und aktiver Bürgersinn fallen Aktivitäten, die die Bildungsgerechtigkeit erhöhen, wie z. B. die Schulabbrecherquote zu senken und die soziale Ausgrenzung von Risikogruppen, wie Geringqualifizierte oder Lernende mit Migrationshintergrund, zu verhindern. Dafür sollen niedrigschwellige Beratungsdienste und flexible Bildungsangebote eingerichtet werden, die den Besonderheiten dieser Zielgruppen noch individueller gerecht werden.

Darüber hinaus sollen die Übergangsmöglichkeiten von der beruflichen Erstausbildung zur Hochschulbildung verbessert werden. Dafür sind die Lernangebote der beruflichen Erstausbildung über die Vermittlung von spezifischen Kenntnissen hinaus stärker als bisher auf den Erwerb von Schlüsselkompetenzen auszurichten.

Michael Steinbach, BBJ Consult AG

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Infos

Informationen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung finden Sie auf den Internetseiten der Europäischen Kommission - Allgemeine & berufliche Bildung.