LASA Brandenburg GmbH (Druckversion): Soziale und ökonomische Basis des Landes Brandenburg
Die sozioökonomische Lage Brandenburgs ist geprägt durch die Lage im Osten Deutschlands mit Berlin inmitten seines Territoriums. Weiterhin prägend sind die räumliche Nähe und Verkehrsgunst zu den östlichen Nachbarn und die Spuren, die 22 Jahre Transformationsprozess seit der Wiedervereinigung hinterlassen haben, sowohl im berlinnahen als auch im peripheren Raum. Trotz aller Schwierigkeiten bei der Transformation hat Brandenburgs Wirtschaft eine positive Entwicklung genommen. Der Strukturwandel wurde durch enorme Investitionen befördert und hat zu einer heterogenen, aber meist sehr kleinteiligen Branchenstruktur geführt. Einige wenige Großunternehmen prägen die Unternehmenslandschaft und die Exportstruktur.
Brandenburg hat zwar eine ausdifferenzierte und teils international profilierte Forschungs- und Entwicklungslandschaft (FuE), aber vor allem in den peripheren Regionen gibt es nur sehr wenige FuE-Kapazitäten. Und der Transfer in die Praxis und die Bereitschaft zu Unternehmensgründungen bleiben hinter dem Bundesdurchschnitt zurück. Gleichzeitig muss auf die Nähe zu Berlin und seinem überdurchschnittlich hohen Innovationspotenzial verwiesen werden. Brandenburg hat deshalb gemeinsam mit Berlin eine Innovationsstrategie verabschiedet, die eine cluster- und technologieorientierte Entwicklung vorsieht. Auch hinsichtlich der Versorgung mit Fachkräften arbeitet Brandenburg eng mit Berlin zusammen, da die beiden Länder eine große gemeinsame Arbeitsmarktregion bilden.
Die demografische Entwicklung wird in den kommenden Jahren verstärkt in eine Übergangsphase eintreten, die für die künftige Versorgung mit Fachkräften entscheidend sein wird. Der Mangel an Nachwuchs wird bereits jetzt für Unternehmen zu einem Problem. Ausbildungsplätze können nicht mehr besetzt werden und reguläre Stellen für qualifizierte Arbeitskräfte bleiben vakant. Insbesondere in den MINT-Berufen sind Absolventen weiterhin rar. Und das trotz einer positiven Entwicklung in den vergangenen Jahren, die unter anderem auch dadurch bedingt ist, dass die Zahl der Absolventinnen in den MINT-Fächern gestiegen ist. Anzahl und Qualität der Fachkräfte werden zukünftig zu einem wesentlichen Standortfaktor für die regionale Entwicklung. Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, bleibt eine wichtige Aufgabe für den Einsatz des Europäischen Sozialfonds.
Gleichzeitig überaltert die Gesellschaft, das Erwerbspersonenpotenzial sinkt und wird in den ländlichen Regionen zu einer verminderten Tragfähigkeit der Infrastrukturen führen. Die Regionalen Wachstumskerne (RWK) haben in diesem Zusammenhang eine Ankerfunktion für die regionale Entwicklung. Die Infrastruktur zur Kinderbetreuung und eine hohe Familienfreundlichkeit im Land bieten gute Voraussetzungen dafür, Familie und Beruf zu vereinbaren. Doch trotz dieser überdurchschnittlich guten Voraussetzung ist die Region wirtschaftlich noch nicht so attraktiv für Zuwanderer oder Rückkehrer. Arbeitskräftemobilität und Pendlerbewegungen beziehen sich stets auf Berlin.
In den 1990er-Jahren hat der Transformationsprozess zu starken Verwerfungen am Arbeitsmarkt und zu Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit geführt. Diese Entwicklung wirkt sich noch heute negativ auf die soziale Lage und Armutsgefährdung im Land Brandenburg aus. Die Wirkung ist in den vergangenen Jahren durch die Hartz-Reformen noch verstärkt worden, vor allem weil versäumt wurde, gleichzeitig mit der Reform einen Mindestlohn festzusetzen. Das hat dazu geführt, dass sich der Niedriglohnsektor ausgeweitet hat. Aktuell ist die Armutsgefährdung bei den jüngeren, unter 25-Jährigen, besonders stark ausgeprägt. Jedoch auch die bis etwa 45-Jährigen sind als ‚verlorene Generation‘ direkt nach der Wende durch soziale Verwerfungen vielfach von Sozialtransfers und prekärer Beschäftigung betroffen. Diese Generation wird voraussichtlich besonders niedrige Renten und somit eine erhöhte Armutsgefährdung aufweisen.
Michael Winter, Ernst & Young