LASA Brandenburg GmbH (Druckversion): Die Vorbereitungen haben begonnen

Workshopteilnehmer

Der partnerschaftliche Abstimmungsprozess ist ein demokratisches Instrument, um die Vorbereitung der neuen ESF-Förderperiode auf eine möglichst große Basis zu stellen. In Brandenburg hat das schon Tradition.

ESF-Abstimmungsprozess

Die Vorbereitungen haben begonnen

Die diesjährige ESF-Jahrestagung gab den Startschuss für die Vorbereitungsphase der neuen ESF-Förderperiode 2014-2020. Mit der partnerschaftlichen Abstimmung wird die Umsetzung der Förderschwerpunkte geplant.

Im Land Brandenburg laufen die Planungen für den Förderzeitraum des Europäischen Sozialfonds (ESF) 2014 bis 2020 auf Hochtouren. Mit der ESF-Jahrestagung im Juni dieses Jahres wurde die intensive Phase des partnerschaftlichen Abstimmungsprozesses eingeleitet. Mögliche Förderschwerpunkte werden nun von den Partnern in fünf Themenworkshops diskutiert.

Ziel des partnerschaftlichen Abstimmungsprozesses

Ziel des partnerschaftlichen Abstimmungsprozesses ist es, die Expertise, die bei den an ESF-Förderungen beteiligten Partnern aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Land vorhanden ist, für die Planungen nutzbar zu machen.

Auf der ESF-Jahrestagung wurden fünf mögliche Schwerpunkte der künftigen Sozialfondsförderung im Land Brandenburg benannt. Diese Themen werden dieses Jahr im Spätsommer in fünf Experten-Workshops bearbeitet. Dabei werden Einschätzungen der Partner zur Relevanz dieser Schwerpunkte sowie Anregungen zu ihrer künftigen praktischen Ausgestaltung erwartet. Die ersten beiden dieser Workshops fanden im August 2012 in Potsdam-Hermannswerder statt.

Grafik: Mögliche Schwerpunkte der ESF-Förderung Brandenburgs

 

Workshop: Schulabbruch vermeiden - gleiche Bildungszugänge fördern

Der erste Workshop hatte den Titel ‚Schulabbruch vermeiden und den gleichen Zugang zu einer hochwertigen Grund- und Sekundarbildung fördern‘. Rund 50 Personen nahmen an der Veranstaltung, die das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie (MASF) gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) fachlich vorbereitet hatte, teil. Zu den eingeladenen Gästen gehörten neben den Mitgliedern des Gemeinsamen Begleitausschusses insbesondere Vertreter von Projektträgern, Schulen, den Kommunen und der beruflichen Bildung. Begrüßt wurden sie von Sabine Hübner, Abteilungsleiterin im MASF.

„Die Senkung der Schulabbrecherquote durch die Einführung entsprechender Angebote gegen Schulverweigerung sowie der Umbau des brandenburgischen Schulsystems hin zu einer ‚Inklusiven Schule‘ wurden hierbei als wesentliche Schritte bezeichnet.“

Der inhaltliche Aufschlag erfolgte in Form zweier Referate, in denen die Positionen des Landes dargelegt wurden. Dabei wurde das gemeinsame Ziel herausgestellt, allen jungen Menschen gute Bildungschancen einzuräumen und gesellschaftliche Teilhabe für alle gleichermaßen zu ermöglichen.

Sabine Hübner, MASF
Sabine Hübner, MASF, begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops ‚Schulabbruch vermeiden - gleiche Bildungszugänge fördern‘.

Die Senkung der Schulabbrecherquote durch die Einführung entsprechender Angebote gegen Schulverweigerung sowie der Umbau des brandenburgischen Schulsystems hin zu einer ‚Inklusiven Schule‘ wurden hierbei als wesentliche Schritte bezeichnet. Was die Grundbildung anbelange, müsse man bereits in den Grundschulen präventive Angebote entwickeln, um frühzeitig problematischen Entwicklungen entgegensteuern zu können. Hinsichtlich der Sekundarbildung bestünde das Ziel auch weiterhin darin, die Schülerinnen und Schüler beim Erreichen des Schulabschlusses und dem Erwerb sozialer Schlüsselkompetenzen zur Erlangung der Berufsbildungsreife zu unterstützen.

Auch beim Übergang Schule-Beruf bestehe hoher Handlungsbedarf, was unter anderem die große Zahl vorzeitig gelöster Ausbildungsverhältnisse im Land zeige. Hier gelte es, die Ursachen zu untersuchen und entsprechend gegenzusteuern. 

Zusätzliche Impulse für die spätere Diskussion lieferte der Vortrag von Susanne Kretschmer vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH. Sie erläuterte die für das Thema relevanten bildungsbezogenen Aspekte der Strategie 2020, stellte empirische Befunde vor und zeigte Handlungsoptionen auf. Ein Schwerpunkt des Beitrags lag auf den schulischen und familiären Risikofaktoren für Schulabbrüche. So wurden neben zerrütteten Familienverhältnissen unter anderem ein geringer sozioökonomischer Status und ein niedriges Bildungsniveau der Eltern als Risikofaktoren angeführt. Aber auch geringe Personalschlüssel in den Schulen, inadäquate Lehr- und Lernmethoden oder ein negatives Schulklima bildeten potenzielle Ursachen.

Als Handlungsempfehlungen wurden neben der Verbesserung der Prävention unter anderem der Ausbau der Beteiligung und Beratungskompetenz der Eltern sowie die Stärkung der Berufsorientierung und beruflichen Handlungskompetenz in der Schule genannt.

Bedarfe, Forderungen, Netzwerkbildung

Im Anschluss an die Beiträge der Referentinnen entwickelte sich ein reger Austausch zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops. So wurde in mehreren Wortmeldungen beispielsweise darauf hingewiesen, dass die frühzeitige Einführung präventiver Angebote, wie etwa Sozialarbeit an Schulen, spätere kostenintensive Interventionen überflüssig mache. Ein hinreichend bedarfsorientiertes, individualisiertes und präventives Hilfesystem sei in Brandenburg allerdings noch nicht flächendeckend vorhanden.

Darüber hinaus wurde unter anderem eine stärkere Fokussierung auf die Sozialkompetenzen der Schülerinnen und Schüler, eine bessere Systematisierung der Berufsorientierung und eine stärkere Vernetzung der Unterstützungssysteme im Land gefordert.

Angesichts des hohen Verwaltungsaufwands, der im Kontext der ESF-Finanzierung bei den Projektträgern entstehe, müsse man zudem für eine bessere Handhabbarkeit der Verfahren sorgen.

Wirkungsorientierung verstärken

In Hinblick auf künftige Förderprogramme wurde schließlich auch darauf verwiesen, dass beim ESF-Einsatz ab 2014 eine stärkere Wirkungsorientierung nachzuweisen sein wird. Da in der nächsten Förderperiode zudem weniger ESF-Mittel zur Verfügung stehen werden, gelte es, besonders wichtige Ziele zu identifizieren, auf die der Sozialfonds in Brandenburg dann zu konzentrieren ist.

 

Workshop Selbstständigkeit, Unternehmertum und Existenzgründungen

Im Fokus des zweiten Workshops, den das MASF diesmal in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten (MWE) vorbereitet hatte, stand das Thema Selbstständigkeit. Zu den Teilnehmenden gehörten neben den Mitgliedern des Gemeinsamen Begleitausschusses unter anderem Vertreter von Hochschulen, Kammern, der Gründungsberatung und verschiedener Förderstellen.

„Vor allem gelte es, die Zukunftsfähigkeit bestehender Strukturen und Konzepte der Gründungsförderung zu überprüfen.“

In ihrer Begrüßung wies Sabine Hübner darauf hin, dass das Engagement Brandenburgs im Bereich der Gründungsförderung durchaus zu Erfolgen geführt habe. Die Veranstaltung solle jedoch in erster Linie als Forum für Manöverkritik genutzt werden. Vor allem gelte es, die Zukunftsfähigkeit bestehender Strukturen und Konzepte der Gründungsförderung zu überprüfen. Denn tradierte Existenzgründungsformen wichen zunehmend neuen Geschäftsmodellen und Gründungsaktivitäten.

Klaudia Gehrick, MASF
Klaudia Gehrick, MASF

Die Vertreterinnen des MASF und des MWE hoben in einem gemeinsamen Vortrag unter anderem die Bedeutung der Unternehmensnachfolge als einer Form der Existenzgründung hervor und plädierten mit Bezug auf die vorwiegend lokale Verortung der Brandenburger Unternehmen für eine stärkere Vernetzung. Zudem wiesen sie auf die in der Praxis entstandene Förderlücke hin, die sich durch die Neuregelungen zum Gründungszuschuss in § 93 SGB II ergeben hat.

Mit Blick auf die neue Förderperiode sprachen sich die Referentinnen für eine generelle Fortführung der bislang bewährten Förderprogramme aus. Dabei müsse Brandenburg sich aber den neuen Gründungsformen stellen, entsprechende Ideen entwickeln und diese in die künftige Gründungsförderung integrieren. Als Handlungsempfehlung wurde darüber hinaus die Entwicklung niedrigschwelliger Angebote angeführt, um Gründungspotenziale auch im ländlichen Raum zu erschließen, sowie die besondere Unterstützung innovativer und kreativer Gründungen.

Empirische Trends und Entwicklungen im Bereich Existenzgründung standen im Mittelpunkt des Vortrags von Prof. Dr. Alexander Kritikos, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V. Unter anderem zeigte er, dass sich die Zahl der Selbstständigen in Deutschland von rund drei Millionen 1991 auf gut 4,2 Millionen 2009 stark erhöht hat. Ursache hierfür seien unter anderem Nachholprozesse in den neuen Bundesländern, der Strukturwandel in Richtung Dienstleistungssektor sowie die hohe Gründungsneigung von Hochqualifizierten, Unverheirateten und Ausländern. Eine deutliche Erhöhung des Frauenanteils an allen Gründerpersonen sowie Einkommenssteigerungen durch Selbstständigkeit gehörten ebenfalls zu den Befunden. Seinen Vortrag schloss der Experte mit einer Reihe von Vorschlägen zur Förderung des Gründungsgeschehens. So sollten beispielsweise das Gründungspotenzial an den Schulen frühzeitig gefördert und das Thema Existenzgründung allgemein stärker in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden.

„So sollten beispielsweise das Gründungspotenzial an den Schulen frühzeitig gefördert und das Thema Existenzgründung allgemein stärker in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden.“

Diese Empfehlung wurde im Verlauf der sich anschließenden Diskussion von mehreren Teilnehmenden aufgegriffen. Um zu Gründungen anzuregen, müsse insbesondere die Vielfalt der Unterstützungsangebote noch stärker als bisher kommuniziert werden. Dabei gelte es aber auch, die Transparenz der Angebotslandschaft zu erhöhen. Diese solle künftig zudem zugänglicher und unbürokratischer ausgestaltet werden. Ebenfalls diskutiert wurde die Frage, wie man die Qualität der verschiedenen Informations-, Beratungs-, Schulungs- und Coachingmaßnahmen weiter steigern könne.

Grafik: Ziele des Europäischen Sozialfonds

In diesem Zusammenhang wurde allerdings auch angemerkt, dass Beratung allein nicht immer ausreiche. Insbesondere bei Gründungen aus der Arbeitslosigkeit seien vielmehr auch konkrete materielle Hilfen notwendig, um die Gründer gerade in der Anfangsphase wirksam unterstützen zu können.

Dr. Volker Offermann, MASF (vorne) und Reiner Kneifel-Haverkamp, MWE
Dr. Volker Offermann, MASF (vorne) und Reiner Kneifel-Haverkamp, MWE

Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema innovative und technologie- orientierte Gründungen. Dabei stand vor allem die Frage im Mittelpunkt, wie man junge ‚High Potentials‘ im Land halten und auch in den eher peripheren Regionen Brandenburgs verankern könne. Möglichkeiten zur Förderung des Gründerpotenzials in anderen Bereichen, etwa dem Handwerk, und zur stärkeren Verankerung des Themas in den Schulen wurden ebenfalls diskutiert.

Wie geht es weiter?

Die Workshops wurden bis Ende September 2012 durchgeführt. Die Diskussionsbeiträge fließen in die Überlegungen zur Gestaltung des Operationellen Programms für die Förderperiode ab 2014 ein, wenn sie mit den Zielen des ESF und den EU-Verordnungen vereinbar sind. Auf der Brandenburger ESF-Website werden die Dokumente zu den Workshops veröffentlicht und stehen dort für alle Interessierten bereit.

Bitte bringen Sie auch für den ESF-Einsatz ab 2014 zusätzlich Beiträge und Anregungen in die Diskussion per E-Mail ein. Vielen Dank!

Michael Steinbach,
BBJ Consult AG

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