LASA Brandenburg GmbH (Druckversion): Sozialpartnerdialog auf Tour
Der Umgang mit dem Betriebsrat und mit ver.di sei zielorientiert und wertschätzend, sagte Heike Plechte, von ver.di in Cottbus. Das gelobte Unternehmen ist die Galeria Kaufhof GmbH in Cottbus. Anlass war der Besuch von Arbeitsminister Günter Baaske und Staatssekretär Wolfgang Schroeder zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften. Galeria Kaufhof war die erste Station des Sozialpartnerdialogs auf Tour Anfang April 2012. Drei Unternehmen steuerte der Bus an - Galeria Kaufhof, als gutes Beispiel für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, BASF in Schwarzheide, zum Thema alternsgerechte Arbeitsbedingungen, und TAKRAF in Lauchhammer, ein mittelständisches Unternehmen aus der Metallbranche. TAKRAF ist ein Beispiel dafür, wie mittelständische Unternehmen pragmatische Lösungen suchen und finden.
Bei Galeria Kaufhof arbeiten überwiegend Frauen. Deshalb spielt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine große Rolle. Das Unternehmen bietet flexible Arbeitszeitmodelle. „Die Mitarbeiter planen im Team ihre Arbeitszeiten für den Folgemonat“, sagt Filialgeschäftsleiterin Christine Rödiger. Eingehalten werden muss dabei eine Fünf-Tage-Woche. Christine Rödiger weist dabei auf das gute Arbeitsklima hin.
„Wir als Frauen kennen natürlich die Belange unserer Mitarbeiterinnen“, Christine Rödiger, Galeria Kaufhof.
Sie sagt: „In unseren altersgemischten Teams sind gegenseitige Rücksichtnahme und Verständnis für persönliche Situationen selbstverständlich.“ So sei es möglich, familiär bedingte Aufgaben und berufliche Anforderungen flexibel mitzugestalten.
Auf geringfügig Beschäftigte kann das Unternehmen nach Angaben von Christine Rödiger verzichten. Ein Grund dafür sei, dass die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur 80 Prozent der tariflichen Arbeitszeit arbeiten. „Das schafft dem Unternehmen Flexibilität für arbeitsreiche Zeiten, beispielsweise für das Weihnachtsgeschäft. Vor Jahren sind die Beschäftigten auf Teilzeit gegangen, um Entlassungen zu vermeiden. Inzwischen ist es möglich, auf Vollzeit zurückzukehren. Doch nur wenige hätten davon Gebrauch gemacht, so Rödiger.
„Wir arbeiten miteinander, nicht gegeneinander“, Nadine Nowka, Betriebsratsvorsitzende bei Galeria Kaufhof zur Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung.
Gezahlt wird nach Tarif. Das mag auch ein Grund dafür sein, dass Galeria Kaufhof bislang keine Probleme hat, geeignete Auszubildende zu finden.
Nächster Halt der Tour war BASF in Schwarzheide. Das Unternehmen hat einen hohen Anteil älterer Beschäftigter. „Nach der Wende waren wir alle um die dreißig Jahre, jetzt sind wir alt“, sagt der Betriebsratsvorsitzende, Klaus-Peter Müller. Betriebsrat und Unternehmensleitung verhandeln eine Betriebsvereinbarung, um den Tarifvertrag ‚Lebensphasengerechte Arbeitszeiten‘ ab 2013 umzusetzen. „Es geht darum, die älteren Beschäftigten länger im Betrieb zu halten“, sagt Klaus-Peter Müller. „Das Unternehmen kann nicht auf sie verzichten.“ Dem Tarifvertrag liegt zugrunde, dass im Osten die Arbeitszeit weiterhin 40 Stunden in der Woche beträgt, während in den alten Bundesländern die 37,5-Stunden-Woche gilt. Einen Teil dessen, was die Betriebe im Osten dadurch gewinnen, zahlen sie in einen betrieblichen Fonds. Geschäftsführung und Betriebsrat vereinbaren, wie das Geld eingesetzt wird, um lebensphasengerechte Arbeitszeiten zu fördern.
„Es geht darum, ältere Beschäftigte länger im Unternehmen zu halten“, Klaus-Peter Müller, Betriebsratsvorsitzender BASF Schwarzheide.
„Bei BASF Schwarzheide planen wir alternsgerechte Arbeitszeiten, Familienzeiten und Pflegezeiten“, sagt Klaus-Peter Müller. Beschäftigte ab 60 Jahren können danach ab 2013 ihre Arbeitszeit auf 80 Prozent oder 50 Prozent reduzieren, ihr Entgelt wird bis zu einem gewissen Grad aus dem Fonds aufgestockt. Beschäftigte mit einem Kind bis zu sechs Jahren erhalten monatlich einen freien Tag zusätzlich. Über Pflegezeiten werde derzeit noch diskutiert. Ein Aspekt ist Klaus-Peter Müller wichtig: „Wenn ältere Beschäftigte ihre Arbeitszeit reduzieren, muss die entfallende Arbeitszeit ersetzt werden.“
Auch unabhängig von Tarifverträgen hat BASF Schwarzeide auf den demografischen Wandel reagiert. Seit 1990 bildet das Unternehmen über Bedarf aus. Während bis vor drei Jahren nur so viel Auszubildende übernommen wurden, wie es freie Stellen gab, werden derzeit so gut wie alle erfolgreichen Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen übernommen. Diejenigen, für die es derzeit keine festen Stellen gibt, werden befristet für drei Jahre eingestellt. In dieser Zeit durchlaufen sie verschiedene Stationen und werden erfahrenen Facharbeitern zur Seite gestellt. „Sie lernen alle Kniffe und sind am Ende ausgestattet mit einem breiten Fachwissen, äußerst flexibel, sehr gut vernetzt und können in unterschiedlichen Anlagen eingesetzt werden“, sagt Pressesprecher Arne Petersen.
Für das Unternehmen ist es wichtig, junge Fachkräfte zu halten. Ab 2018 werden mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ruhestand wechseln als junge Menschen ausgebildet werden können. TOP (Talent Offensive Produktionsstandort) nennt sich die Initiative, die gemeinsam von der Unternehmensleitung und dem Betriebsrat entwickelt wurde.
‚Start in den Beruf‘ ist eine andere BASF-Initiative, die ursprünglich vom Mutterkonzern in Ludwigshafen kam. Für ein Jahr beschäftigt das Unternehmen Jugendliche, die noch nicht ausbildungsreif sind oder keine Lehrstelle gefunden haben. In dieser Zeit durchlaufen sie unterschiedliche Abteilungen. Was aus regionaler Verantwortung begann, werde langsam auch zum Selbstzweck, sagt Petersen. Die Zahl der geeigneten Ausbildungsplatzbewerberinnen und -bewerber sinkt. Bewarben sich bis Anfang des Jahrtausends noch mehrere hundert Interessenten auf eine Stelle, so sind es heute rund 50 Bewerberinnen und Bewerber. Und unter denjenigen, die bei ‚Start-in-den-Beruf‘ mitmachen, sei die eine oder andere unerkannte Perle dabei.
TAKRAF in Lauchhammer fertigt Spezialausrüstung für den Tagebau. Ein großer Teil der Leistungen sind spezialisierte Ingenieursleistungen. Darüber hinaus gibt es eine gewerbliche Produktion am Standort. Seit der Wende sind 95 Prozent der Produktion aus Kostengründen ins Ausland ausgelagert worden. Die Zahl der Beschäftigten im Produktionsbereich ist stark geschrumpft, der Altersdurchschnitt der verbliebenen Beschäftigten ist hoch. Aus wirtschaftlichen Gründen kann TAKRAF kaum Nachwuchskräfte für die Produktion einstellen. Das Unternehmen setzt auf Mehrfachqualifikationen der Beschäftigten, um diese flexibel einsetzen zu können.
Auch der Altersdurchschnitt im Ingenieursbereich ist hoch. Hier kann das Unternehmen aber Nachwuchskräfte einstellen. Deshalb spielt der Wissenstransfer zwischen Jung und Alt eine große Rolle. Im Bereich der Ingenieursleistungen gibt es große Schwankungen bei den Auftragseingängen. Aus diesem Grund wurden schon 1995 erstmals Arbeitszeitkonten eingeführt. (jac)