EU-Bulletin - Nr. 2/2012

5 Fragen - 5 Antworten:

Grundbildung für Erwachsene - Interview mit Inga Börjesson

Europäischer Sozialfonds im Land Brandenburg

In der Artikelserie ‚5 Fragen - 5 Antworten‘ kommen Projektträger zu Wort, die Fördermittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) nutzen. Dieses Mal wurde Inga Börjesson, Leiterin des Projekts ‚Grundbildung für Erwachsene - Implementierung von Lernmodulen zur Grundbildung an Volkshochschulen‘ des Brandenburgischen Volkshochschulverbandes e. V. befragt. Ziel dieses vom Bildungsministerium geförderten Projekts ist es, Menschen, die kaum lesen und schreiben können - sogenannte funktionale Analphabeten -, eine Grundbildung zu vermitteln. 

Inga Börjesson
Inga Börjesson hält für jeden eine Tür offen

Frau Börjesson, das Projekt ‚Grundbildung für Erwachsene‘ wird durch das Land Brandenburg mit ESF- und Landesmitteln gefördert. Woher wussten Sie von der Fördermittelvergabe und wie diese Mittel beantragt werden müssen?

Auf die Möglichkeit der Projekte und ihrer Finanzierung wurden wir durch das Bildungsministerium hingewiesen. In einer gemeinsamen Beratung mit dem Bildungsministerium und der LASA Brandenburg GmbH vor Beginn der ersten Antragstellung konnten grundsätzliche Fragen vorab geklärt werden. Laufende Verfahrens- und Förderhinweise erhalten wir ferner durch die Beratung und die Internetseiten der LASA. Einige Schwierigkeiten resultieren aus festgelegten Förderstrukturen, insbesondere die Aufteilung in Förderregionen Nordost und Südwest, die so teilweise nicht dem Bedarf im Rahmen der Projekte entsprechen.

Wofür setzen Sie die Mittel genau ein?

Mit den Projektgeldern werden Kurse an Volkshochschulen im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung finanziert. Das Gesamtangebot umfasst acht verschiedene Module in Form von Kursangeboten, von denen die Alphabetisierung den größten Anteil ausmacht. Die heutigen gesellschaftlichen und beruflichen Anforderungen machen es dringend erforderlich, Lesen und Schreiben zu können, die grundlegenden Rechenarten zu beherrschen sowie über Basiskenntnisse in Englisch und Computeranwendungen zu verfügen. Durch den Erwerb dieser Kenntnisse soll den Teilnehmenden die Bewältigung des Alltags erleichtert, die gesellschaftliche Teilhabe erhöht sowie der Zugang zum Arbeitsmarkt unterstützt werden. Die Kursangebote zur Alphabetisierung und Grundbildung werden durch weitere Projekte, durch Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildung der Kursleitungen begleitet.

Mit diesem Plakat wird für die Grundbildung geworben
Mit diesem Plakat wird für die Grundbildung geworben

Nehmen wir an, Sie hätten die ESF-Fördermittel nicht in Anspruch genommen. Was würde in Brandenburg heute fehlen?

Zunächst gäbe es für die Betroffenen kaum Kursangebote, weniger Ermutigung zum Kursbesuch sowie weniger öffentliche Wahrnehmung des Themas Alphabetisierung und Grundbildung. Auch positive Folgewirkungen - etwa im Bereich der Arbeitsplatzsicherung, der Gesundheit, der politischen und gesellschaftlichen Teilhabe - entfielen. Reguläre Kursangebote können Betroffene aus finanziellen Gründen nicht wahrnehmen. Die Förderung ermöglicht eine preisgünstige, zur Alphabetisierung sogar kostenfreie Teilnahme, sowie die notwendigen Rahmenbedingungen für die individuelle Lernförderung. Die Alphabetisierung ist ein brennendes Problem: Es gibt nach neuen Untersuchungen rund 7,5 Millionen funktionale Analphabeten in Deutschland. Das können und dürfen wir uns nicht leisten. Wir hoffen daher sehr auf die notwendige Unterstützung durch weitere Projektförderungen und auch auf einen Prozess des Umdenkens in der Öffentlichkeit.

Stichwort Öffentlichkeitsarbeit: Welche Erfahrungen haben Sie bisher gemacht? Was hat sich bewährt? Was können Sie anderen raten?

Dieses Thema ist eine große Herausforderung, denn potenzielle Teilnehmende können über schriftliche Materialien nicht gut angesprochen werden. Gleichzeitig ist eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit in Funk und Fernsehen nicht finanzierbar. Wir versuchen also, auf Plakaten und Flyern mit Bildern und möglichst wenig Text zu arbeiten. Die zweite Gruppe, die wir ansprechen wollen, sind Kontaktpersonen, etwa in Behörden und sozialen Einrichtungen, aber auch im Freundes- und Verwandtenkreis der Betroffenen. Für sie verwenden wir umfangreicheres Material mit Hintergrundinformationen. Zudem gibt es regionale Aktionen, etwa zum jährlichen Weltalphabetisierungstag am 8. September, und zahlreiche Informationsveranstaltungen, Gespräche sowie unsere Internetseiten.

Sie haben vor rund fünf Jahren Mittel aus dem ESF beantragt. Wie lautet Ihre Bilanz zum heutigen Tag?

Die ist sehr positiv, denn wir haben bis heute über 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer betreut und die Zahlen steigen von Jahr zu Jahr an. Auch immer mehr Volkshochschulen beteiligen sich an diesem Projekt. Wir würden es deshalb sehr begrüßen, wenn die nächste ESF-Förderperiode eine Weiterentwicklung und Ausweitung der Alphabetisierungs- und Grundbildungsangebote ermöglichen und die Förderbedingungen entbürokratisieren würde, sodass die bedarfsgerechte Bildungsarbeit einfacher wird. 

Agentur BELLOT

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Infos

Das Interview musste stark gekürzt werden, die Langfassung finden Sie hier als PDF-Datei.

Brandenburgischer  Volkshochschulverband e. V.,
Zum Jagenstein 3, 14478 Potsdam;
Tel.: (03 31) 2 00 66 93, Internet: www.vhs-brb.de

ESF-Logo Land BrandenburgDas Projekt wird aus Mitteln des ESF und des Landes gefördert.

Kontakt

Agentur BELLOT,
Tel.: (0 30) 20 24 90-0,
E-Mail: info(at)bellot.de