EU-Bulletin - Nr. 2/2012

Aufnahmekultur für mehr Innovation

Innovation in Forschung und Unternehmen durch qualifizierte Zuwanderung unterstützen

Nachrichten schärfen den Blick für bekannte Probleme. Wie Franco Frattini, EU-Kommissar für Justiz, Freiheit und Sicherheit, ausführt, soll der Anteil der hoch qualifizierten Beschäftigten aus Drittstaaten erhöht werden. Europa möchte ein japanisches Szenarium vermeiden, denn dort stagniert seit zwei Jahrzehnten vorwiegend wegen der abnehmenden Anzahl der  Erwerbstätigen die Wirtschaftsleistung. Das Gegenstück zu Japan sind die USA. Im Jahr 2005 waren hier im Ausland geborene Immigranten an 25 Prozent der Technologie-Firmengründungen des vorangegangenen Jahrzehnts beteiligt.

Der Anteil der hoch qualifizierten Beschäftigten aus Drittstaaten beträgt in Australien 9,9 Prozent, in Kanada 7,3 und in den USA 3,5 Prozent, liegt aber in der EU lediglich bei 0,9 Prozent. Es geht aber nicht nur um die Wirtschafts-, sondern auch um die Innovationskraft. Die Daten des Leistungsanzeigers der Innovationsunion 2011, eine Initiative der EU zur Fortschrittsmessung, belegen für beinahe alle Mitgliedstaaten eine verbesserte Innovationsleistung. Der Anstieg der Innovationsleistung verlangsamt sich jedoch, und der EU gelingt es nicht, den bestehenden Rückstand zu den globalen Innovationsführern USA, Japan und Südkorea zu verringern. Den größten Rückstand verzeichnet die EU-27 bei Innovationen des privaten Sektors. Hingegen bleibt der Vorsprung der EU vor den Schwellenländern China, Brasilien, Indien, Russland und Südafrika erhalten. Allerdings holt China zügig auf. Innerhalb der EU hält Schweden seine Führung, gefolgt von Dänemark, Deutschland und Finnland.

Grafik: Die Innovationsleistung der EU-Mitgliedstaaten
Anmerkung: Die durchschnittliche Leistung wird anhand eines zusammengesetzten Indikators gemessen, in den Daten für 24 Indikatoren einfließen, für die eine Leistungsziffer zwischen 0 (niedrigstes Leistungsniveau) und 1 (höchstes Leistungsniveau) bestimmt wird. Die durchschnittliche Leistung des Jahres 2011 spiegelt aufgrund einer Verzögerung bei der Datenverfügbarkeit die Leistung von 2009/2010 wider. Quelle: Leistungsanzeiger der Innovationsunion 2012

Signale an ausländische Fachkräfte und Studenten

Wie kommen die Nachfrage der Wirtschaft und das Angebot an motivierten und qualifizierten Fachkräften aus der EU und Drittstaaten zusammen? Große Hoffnungen wurden in Deutschland in die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit ab Mai vergangenen Jahres gesetzt. Jedoch ist der Zustrom aus anderen EU-Ländern bisher ausgeblieben. 

Deutschland ist kein klassisches Einwanderungsland und muss deshalb an vielen Stellschrauben drehen, um im globalen Werben um Fachkräfte attraktiver zu werden. Dabei greifen EU-weite und nationale Maßnahmen ineinander. Mit der neuen ‚Blue Card EU‘ bestätigen die Mitgliedstaaten der EU den legalen Aufenthalt von Angehörigen von Drittstaaten zum Zwecke der Erwerbstätigkeit. Parallel dazu hat Deutschland für etwa 60 Mängelberufe in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) eine Absenkung der Gehaltsschwelle auf 33.000 Euro im Jahr festgelegt, wenn die Fachkräfte mit einem Arbeitsvertrag eingestellt werden. Sie erhalten dann eine zunächst befristete Aufenthaltserlaubnis. Für andere Berufe soll die Gehaltsschwelle bei 44.000 Euro pro Jahr liegen. Für die weitergehende Niederlassungserlaubnis müssen Hochqualifizierte aus Drittstaaten ein Jahreseinkommen von 48.000 Euro erzielen. Die Anziehungskraft eines Landes wird mit dadurch bestimmt, ob Familienangehörige willkommen sind. Ehepartner von Besitzern der ‚Blauen Karte‘ dürfen zukünftig in Deutschland arbeiten, ohne dass die Bundesagentur für Arbeit zustimmen muss.

Ein weiteres Potenzial bilden die ausländischen Studenten. Zwar durften sie schon jetzt nach Abschluss ihres Studiums ein Jahr lang einen Job suchen, der ihrer Qualifikation entspricht. Dabei bleibt es auch. Künftig dürfen sie aber in dieser Zeit jede Arbeit annehmen, um Geld für ihren Lebensunterhalt zu haben.

Was tut Brandenburg?

Hierzulande gibt es bereits Beispiele, aus denen weitere Erfolgsfaktoren generiert werden können. So arbeiten in der Potsdamer Friendship System GmbH 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus sechs Nationen. Die Erfahrung lehrt, es geht um die Entwicklung von neuen Dienstleistungen für ausländische Fachkräfte: umfassende Informationen über Engpässe und Möglichkeiten in Bezug auf Fachkräfte in Deutschland, maßgeschneiderte Hilfestellungen für Einwanderer beim Erlernen der Sprache, Unterstützung bei der Integration in ein fremdes Umfeld und Anpassungen in Politikfeldern wie Rentenregelungen und Gesundheitsvorsorge. Das Land bietet u. a. mit der Förderung des transnationalen Wissens- und Erfahrungsaustausches aus dem ESF Möglichkeiten, von erfolgreichen europäischen Ländern zu lernen. Ein Projekt hat darüber hinaus bereits Kontakte nach Taiwan aufgebaut, denn zukünftig wird zu unserem interkulturellen Know-how auch die Asienkompetenz gehören müssen.

Aelita Siewert, BBJ Consult AG

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E-Mail: siewert(at)bbj.de