Gemeinsam stark - Nr. 5/2012

Gemeinsame Verantwortung

Mit dem Sozialpartnerdialog bekennen sich die Sozialpartner in Brandenburg zu einer gemeinsamen Verantwortung. Bis 2014 streben sie eine größere Attraktivität des Standortes und mehr ‚Gute Arbeit‘ in Brandenburg an.

Minister Günter Baaske auf der Betriebsrätekonferenz in Frankfurt (Oder)
Gute Arbeit muss für die Betriebe der Branche ‚Erneuerbare Energien‘ gelten. Das machte Minister Günter Baaske auf der Betriebsrätekonferenz in Frankfurt (Oder) Ende April deutlich.

Ende Mai 2011 unterzeichneten Brandenburgs Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie (MASF), der DGB Berlin-Brandenburg und die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) die ‚Gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft‘. Damit legten sie den Grundstein, um den strukturellen Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft und dem damit verbundenen Rückgang der Erwerbspersonen durch ein gemeinsames Vorgehen zu begegnen. Um die Ziele aus der Erklärung konkret und praxisnah umsetzen zu können, wurde im November 2011 der Sozialpartnerdialog aus der Taufe gehoben.

Die Branchen

Neben den Unterzeichnern der Partnerschaft sind die Sozialpartner aus den Branchen Chemie und Energie, Metall- und Elektroindustrie, Handel, Bau, Hotel- und Gaststättengewerbe im Sozialpartnerdialog aktiv. Sie verständigen sich auf gemeinsame Projekte und Kampagnen und begleiten diese gemeinsam. Der Dialog soll konkrete Maßnahmen auf betrieblicher Ebene befördern, um in den Betrieben tatsächliche Fortschritte zu erreichen und damit gerade die kleinen und mittleren Unternehmen in Brandenburg zukunftsfähiger zu machen. Gute Beispiele sollen möglichst viele Betriebe übernehmen - maßgeschneidert für ihre Situation. Das Motto lautet: Abschreiben ist erwünscht!

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Betriebsrätekonferenz
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Betriebsrätekonferenz ‚Saubere Energie und Gute Arbeit‘ Ende April in Frankfurt (Oder).

In der Gemeinsamen Erklärung werden Ziele und Themenfelder für die Arbeit des Sozialpartnerdialogs abgesteckt. Tarifverträge sollen weiterentwickelt und die Tarifbindung erhöht werden, um die Handlungsfähigkeit der Tarifparteien zu stärken. Das Engagement der Sozialpartner geschieht aus gemeinsamer Verantwortung für den ‚Standortfaktor‘ Fachkräfte. Dabei werden Schwerpunkte in der Ausbildung und beim Berufseinstieg junger Menschen sowie bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesetzt.

Erste Handlungsfelder

Auf zwei Handlungsfelder will sich der Sozialpartnerdialog zunächst konzentrieren: Eine alternsgerechte Arbeitswelt und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einschließlich Pflege. Diese Handlungsfelder sind eine Reaktion auf die Lebenswirklichkeit junger Menschen, die eine Familie gründen, sowie auf die Lebenswirklichkeit älterer Beschäftigter und auf die Situationen von Betrieben mit älter werdenden Belegschaften. Die Unternehmen sind aufgefordert, Brücken zwischen den Anforderungen der Arbeitswelt und den persönlichen Bedürfnissen der Beschäftigten zu bauen. Der Sozialpartnerdialog will diese ‚Bauphase‘ aktiv unterstützen. Ein bewährter Ansatz ist das Lernen aus guten Beispielen. Den Auftakt hierfür bildete im April 2012 die Bustour ‚Sozialpartnerdialog auf Tour‘ zu vorbildlichen Betrieben (s. diesen Artikel in BRANDaktuell, die Red.).

Herbstaktion geplant

Für den Herbst 2012 ist geplant, Unternehmen zu befragen, ob Vereinbarkeit von Beruf und Familie und alternsgerechtes Arbeiten Themen im Betrieb sind, welche Maßnahmen sie schon machen, wo sie Schwierigkeiten haben. Ergebnis soll eine individuelle Standortbestimmung für den jeweiligen Betrieb sein. Die Aktion geschieht auch, um die Unternehmen für die Themen zu sensibilisieren. Im besten Fall werden sie dazu aktiviert, betriebliche Maßnahmen, beispielsweise Informationsveranstaltungen oder Betriebsvereinbarungen, durch- bzw. einzuführen. Darüber hinaus soll die Informationskampagne Eindrücke über die Problemlagen und Hilfebedarfe in den Betrieben geben, die in den Sozialpartnerdialog einfließen.

Beschäftigtenbefragung

Um einen Einblick in Einstellungen und Erwartungen der Brandenburgerinnen und Brandenburger rund um den Arbeitsmarkt und die Sozialpartnerschaft zu erhalten, wurde eine repräsentative Befragung von 1.000 Beschäftigten in Auftrag gegeben. Diese wird durch die TNS Infratest Sozialforschung GmbH über standardisierte Telefoninterviews bis Ende November 2012 durchgeführt. Sie soll Erkenntnisse darüber liefern, wie die Beschäftigten die Situation am Arbeitsmarkt in Brandenburg einschätzen und welche Bedeutung sie in diesem Zusammenhang Gewerkschaften und Betriebsräten, Arbeitgeberverbänden und Unternehmen sowie Landes- und Bundesregierung beimessen, wenn es darum geht, Arbeitsbedingungen zu gestalten.

Ausblick

Auch zu anderen Themen werden die Erfahrungen der Mitglieder im Sozialpartnerdialog ihren Beitrag leisten, um gemeinsame Projekte zu entwickeln und Strategien zu formulieren. Die Förderaktivitäten des MASF, beispielsweise die INNOPUNKT-Initiativen, sollen ebenfalls hierzu beitragen. Bis 2014 streben die Partner an, wirksame Verbesserungen im Hinblick auf die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Brandenburg zu erzielen und einen weiteren Wandel hin zu mehr ‚Guter Arbeit‘ zu erreichen.

Michael Reschke, MASF

 

Doro Zinke, DGB

Doro Zinke, DGB
Wer qualifizierte Kräfte im Land halten möchte, innovative Industrien aufbaut, muss entsprechend entlohnen - nach Tarif.

Jedes System benötigt Regeln und Verbindlichkeiten, auch das Tarifsystem. In Brandenburg wurde erkannt, dass ein Billiglohnland keine Zukunft hat. Lohndumping und prekäre Beschäftigung schaffen Unsicherheit und stürzen Beschäftigte in Existenznöte. In einer Erklärung zur Sozialpartnerschaft in Brandenburg betonen die Unternehmensverbände und der DGB, wie wichtig die Tarifautonomie ist; eine vernünftige Sozialpartnerschaft sehen wir als Standortvorteil. Gemeinsame Anstrengungen wie Kurzarbeit während der Wirtschaftskrise haben die Arbeitslosigkeit nicht ausufern lassen. Auch bei der Fachkräftesicherung wollen wir an einem Strang ziehen. Gute Arbeit soll zum Gütesiegel in Brandenburg werden.

Susanne Stumpenhusen, ver.di

Susanne Stumpenhusen, ver.di
Wir brauchen mitgliedsstarke Gewerkschaften für gute Arbeitsbedingungen, mehr Freizeit und bessere Einkommen.

Damit die Verträge eine verlässliche Wirkung entfalten, brauchen wir gut organisierte Verhandlungspartner. Zunehmend wichtiger für viele Beschäftigte wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und alternsgerechtes Arbeiten. Die Arbeitgeber müssen den demografischen Wandel bewältigen und Fachkräfte sichern. Auch hier führt der Weg über Verhandlungen und Tarifverträge, in denen sich die Interessen beider Seiten wiederfinden. Der Dialog will die Handlungsfähigkeit der Tarifparteien stärken, weil attraktive Arbeits- und Ausbildungsplätze für einen zukunftsfähigen Standort sorgen.

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Christian Amsinck, UVB

Christian Amsinck, UVB
Wir wollen im Rahmen des Sozialpartnerdialogs sehr konkrete Angebote für Unternehmen und Beschäftigte entwickeln.

Die UVB setzt sich von jeher für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Berlin-Brandenburg ein. Voraussetzung, um dieses Ziel zu erreichen, sind gut ausgebildete Fachkräfte, die zu wettbewerbsfähigen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden. Bei der markt- und sachgerechten Gestaltung dieser Arbeitsbedingungen nehmen die Mitgliedsverbände der UVB gemeinsam mit ihren Tarifpartnern Verantwortung wahr. Der Sozialpartnerdialog bietet Gelegenheit, dieses Engagement sichtbar zu machen und zu verbreitern.

Nils Busch-Petersen, HBB

Nils Busch-Petersen, HBB
Wir sehen im Sozialpartnerdialog die Chance, auch außerhalb der Tarifverhandlungen konkrete Maßnahmen zu initiieren.

Gute Beispiele können verallgemeinert und auf breiter Ebene kommuniziert werden. Eine große Herausforderung für die Handelsunternehmen in Brandenburg ist die Arbeitskräftesicherung. Im Sozialpartnerdialog kann der Handelsverband Berlin-Brandenburg in abgestimmten Handlungsfeldern mit den Gewerkschaften gemeinsame Themen besprechen und Lösungswege finden. Gerade weil dieser Dialog auf Ministerebene angesiedelt ist, können Themen, die nicht ohne Mitwirkung der öffentlichen Hand zwischen den Sozialpartnern geklärt werden könnten, angesprochen werden. Der Sozialpartnerdialog ist mit den herausgearbeiteten Handlungsfeldern auf gutem Wege.