LASA Brandenburg GmbH (Druckversion): Inklusion von der Kita bis zur Ausbildung
Die UN-Behindertenrechtskonvention hat einen Paradigmenwechsel in Deutschland eingeleitet. Inklusion wird jetzt im Sinne des gemeinsamen Lernens und der Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen im Bildungssystem definiert, von der Kita bis zur tertiären Bildung. Die Konvention eröffnet damit ein Recht auf gemeinsame Bildung. Nicht mehr die Eltern müssen begründen, warum ihr Kind für eine Regelinstitution geeignet ist, sondern Kita, Schulen oder Berufsschulen müssen erklären, warum das nicht gehen soll. Alle Bundesländer müssen die Vorgaben in Gesetze überführen und Aktionspläne ausarbeiten.
In Brandenburg verlassen jährlich rund 1.500 Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Schulen. Ca. 50 Prozent von ihnen waren vorher auf einer Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ‚Lernen‘, den sogenannten Lernbehindertenschulen. Gezielte berufsorientierende Aktivitäten und strukturelle Veränderungen sollen frühzeitig den Automatismus ‚einmal Sonderstruktur - immer Sonderstruktur‘ im Lebensverlauf aufbrechen. Ein zentrales Handlungsfeld im Behindertenpolitischen Maßnahmenpaket (s. Kasten) des Landes Brandenburg ist deshalb die frühzeitige Berufsorientierung. Denn bisher werden die meisten Schulabgänger mit dem sonderpädagogischen Förderbedarf ‚geistige Entwicklung‘ in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt, nicht einmal 0,3 Prozent finden von dort den Weg in die Betriebe.
Das soll sich ändern. Potenziale für betriebliche Ausbildung auch für diese Jugendlichen hat Brandenburg durch seine klein- und kleinstbetriebliche Struktur und die damit vielerorts verbundene persönliche Ansprache. Eine Betriebsstruktur, die sich oft als hinderlich für wirtschaftliche Großprojekte zeigte, hat in diesem Fall Vorteile.
Derzeit transferiert das Modellprojekt ‚ZEBRA-plus‘ ein erprobtes schulisches Berufsorientierungsverfahren an ausgewählte Schulen im Land (s. Kasten). Mit dem Brandenburger Bildungsministerium und der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit werden Gespräche geführt, um zukünftig für alle Schulen mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt ‚Lernen‘ ein berufliches Orientierungsverfahren anbieten zu können.
Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009, deren Umsetzung für die Bundesländer Gesetzescharakter hat, erhalten die Belange behinderter Kinder und Jugendlicher in Deutschland immer mehr öffentliche Aufmerksamkeit. In der Praxis beginnt jedoch eine inklusive Bildung nicht erst mit der Berufsorientierung, sondern im Bedarfsfall, also ggf. mit der am Gedanken der Inklusion orientierten Frühförderung, niedrigschwelligen und barrierenfreien Angeboten und unabhängiger Beratung für die Eltern.
Die Beispiele zur Berufsorientierung verdeutlichen exemplarisch, dass Inklusion möglich ist, wenn Verantwortliche Wege für ein selbstverständliches Miteinander von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung finden. Gleichzeitig zeigen sie aber auch, dass noch ein langer Weg vor uns liegt.
Dr. Sandra Wagner,
Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie