LASA Brandenburg GmbH (Druckversion): Workshops zur ESF-Föderperiode 2014 bis 2020 abgeschlossen

Tagungsunterlagen eines Workshops

Der partnerschaftliche Abstimmungsprozess dient der Vorbereitung der neuen ESF-Förderperiode. In einer Reihe von Workshops wurden fünf mögliche Schwerpunkte der ESF-Förderung diskutiert und bearbeitet.

ESF-Abstimmungsprozess

Workshops zur ESF-Förderperiode 2014 bis 2020 abgeschlossen

Mit den thematischen Workshops hat der partnerschaftliche Abstimmungsprozess zur Vorbereitung des künftigen ESF-Einsatzes eine wichtige Fortführung erfahren.

Der Abstimmungsprozess dient der Konsultation und Einbeziehung der an ESF-Förderungen beteiligten Partnerinnen und Partner aus Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Ziel war es, Einschätzungen zur Relevanz dieser Themen und Ideen und Anregungen für die künftige praktische Ausgestaltung einzuholen. Über die Veranstaltungen zu den Themen ‚Bildung und Bildungsabbrüche‘ sowie ‚Existenzgründungsförderung‘ wurde bereits berichtet (s. BRANDaktuell Nr. 5/2012).

Die Veranstaltungen zu den möglichen Förderschwerpunkten ‚Anpassung an den Wandel‘, ‚Lebenslanges Lernen‘ und ‚Aktive Eingliederung‘ fanden im September in Potsdam-Hermannswerder statt. Fachlich vorbereitet wurden diese vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie (MASF).

Anpassung an den Wandel

Der dritte Workshop der Veranstaltungsreihe rückte das Thema Anpassung der Arbeitskräfte, Unternehmer und Unternehmen an den Wandel in den Mittelpunkt und wurde von rund 50 Personen besucht.

Unter den eingeladenen Gästen befanden sich unter anderem Mitglieder des Gemeinsamen Begleitausschusses und Vertreterinnen und Vertreter von Kammern, Hochschulen, Forschungsinstituten und anderen Ministerien. Dr. Volker Offermann, Referatsleiter im MASF, begrüßte die Teilnehmenden.

Dr. Alexandra Bläsche
Dr. Alexandra Bläsche (MASF) zu den Herausforderungen des Wandels aus Sicht des Landes.

Der erste Vortrag von Dr. Alexandra Bläsche (MASF) widmete sich den Herausforderungen und Anpassungserfordernissen, die aus Sicht des Landes mit dem demografischen Wandel verbunden sind. Die Erhöhung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit wurde dabei als Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit Brandenburgs herausgestellt. Konkret ginge es vor allem darum, den Bedarf an Innovationsfachkräften zu sichern, die Bildungsqualität zu verbessern und die Attraktivität der Standorte und Unternehmen zu erhöhen. Um das Innovationspotenzial im Land besser auszuschöpfen, sollten zudem die Politikbereiche Bildung, Arbeit und Innovation stärker miteinander vernetzt werden.

Möglichkeiten und Perspektiven zur Gestaltung des Wandels standen auch im Zentrum des Beitrags von Dr. Peter Eulenhöfer, ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH. Er zeigte eine Entwicklungsperspektive Brandenburgs anhand des Beispiels der Gemeinsamen Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg sowie der Clusterstrategie Brandenburgs auf. Dabei hob er unter anderem hervor, dass die Entwicklungsprozesse im Land regional sehr unterschiedlich verlaufen. Für die künftige Entwicklung sei es daher wichtig, die Kooperation zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zu verstärken und integrative, langfristig angelegte Strategien zu verfolgen. Diese sollten unter anderem darauf gerichtet sein, regionale Differenzen als Quelle für Innovation und Wertschöpfung zu nutzen und zur Profilbildung und Realisierung endogener Potenziale beizutragen.

Beide Vorträge lieferten wichtige Impulse für die sich anschließende Diskussion zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops. Die Gestaltung des demografischen Wandels und die Sicherung des Fachkräfteangebots wurden dabei als besonders wichtige Zukunftsaufgaben identifiziert. Betont wurde, dass die Fachkräfte Träger betrieblicher Innovationsprozesse seien. Ein Hauptziel müsse es daher sein, der Abwanderung junger und gut ausgebildeter Menschen durch geeignete Halte- und Bindestrategien entgegenzusteuern. Eine wichtige Funktion komme hier der Stärkung sogenannter ‚weicher Faktoren‘, beispielsweise dem Ausbau von Angeboten zur Kindertagesbetreuung, zu. Zudem gelte es, das Land interkulturell zu öffnen und die Willkommenskultur weiterzuentwickeln und zu stärken.

Allgemeine und berufliche Bildung, Lebenslanges Lernen

Die Themen Bildung und Lebenslanges Lernen standen im Zentrum des vierten Workshops. Zu den Teilnehmenden gehörten neben den Mitgliedern des Gemeinsamen Begleitausschusses unter anderem Vertreter von Wohlfahrtsverbänden, Kammern und anderen Ministerien.

Begrüßt wurden die Teilnehmenden von Sabine Hübner, Abteilungsleiterin im MASF. Sie wies darauf hin, dass das Land in der Errichtung eines arbeitsmarktrelevanten, durchlässigen und chancengerechten Bildungssystems eine grundlegende Aufgabe der nächsten Förderperiode sieht. Für die Zukunftsfähigkeit des Landes sei Lebenslanges Lernen von zentraler Bedeutung.

Im ersten Vortrag der Veranstaltung von Marco Ullmann, MASF, wurde die Position des Landes näher dargelegt. Betont wurde, dass Brandenburg zwar über ein gutes Qualifikationsniveau verfügt und sich die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung insgesamt positiv entwickelt. Im internationalen Vergleich sei die Weiterbildungsbeteiligung aber immer noch zu niedrig. Auch zeigten sich erhebliche Unterschiede, wenn nach Branchen, Betriebsgrößen oder dem Alter der zu Qualifizierenden differenziert wird. Problematisch sei außerdem, dass zu wenige der ausbildungsberechtigten Betriebe im Land auch tatsächlich ausbildeten. Die Entwicklung und Stärkung von Bildungspartnerschaften und die Entwicklung einer vitalen Kultur des Lebenslangen Lernens stellten hier wichtige Ansatzpunkte dar. Es gelte, für Transparenz und Qualitätssicherung am Bildungsmarkt zu sorgen, die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen zu verbessern und die individuelle und betriebliche Weiterbildungsförderung zu fokussieren.

Prof. Dr. Bernd Käpplinger
Prof. Dr. Bernd Käpplinger, Humboldt Universität zu Berlin, beschrieb die Weiterbildungsaktivitäten in Deutschland.

Prof. Dr. Bernd Käpplinger von der Humboldt Universität zu Berlin lieferte im Anschluss zunächst eine auf statistischen Daten beruhende Situationsbeschreibung der Weiterbildungs- aktivitäten in Deutschland. Der Experte zeigte unter anderem auf, dass Umfragen auf eine prinzipiell hohe Zustimmung der Bevölkerung zum Lebenslangen Lernen schließen lassen. Gleichwohl lasse sich in Deutschland insgesamt seit Jahren eine Stagnation der Weiterbildungsaktivitäten beobachten. Anhand des Beispiels eines transnationalen Projekts, das unter anderem die Förderlandschaft im europäischen Ausland beleuchtete, leitete er anschließend Handlungsempfehlungen für die künftige Entwicklung ab. Unter anderem schlug er vor, die ESF-Förderung stärker in eine Gesamtstrategie der Weiterbildungsförderung und -institutionalisierung einzubinden. Die Förderinstrumente sollten darüber hinaus nicht nur für ‚Leuchttürme‘ der Aus- und Weiterbildung genutzt werden, sondern stärker in die Fläche wirken.

„Für die Zukunftsfähigkeit des Landes ist Lebenslanges Lernen von zentraler Bedeutung.“ Sabine Hübner.

Maßnahmen zur Entwicklung einer lebendigen Kultur des Lebenslangen Lernens und zur gerechten Verteilung von Bildungschancen standen auch im Zentrum der sich anschließenden Diskussion. Dabei wurde die Verbesserung der Durchlässigkeit von Bildungswegen als eine der besonders wichtigen Aufgaben hervorgehoben. Konkret wurden unter anderem der Ausbau dualer Studiengänge und akademischer Weiterbildungsangebote sowie verbesserte Möglichkeiten zur beruflichen Neuorientierung und zur Qualifikation arbeitsloser Menschen gefordert. Generell müsse die Frage nach ‚Freiräumen für Lernen‘ innerhalb und außerhalb des Arbeitsprozesses weiter diskutiert werden. Da Lernen ein Bedürfnis aller Menschen sei, müssten hier Antworten auch für Nichtbeschäftigte, beispielsweise Ehrenamtliche und Ältere, gefunden werden.

Die vielfältigen und komplexen Ursachen für die Unterrepräsentation gering qualifizierter Menschen in der Weiterbildung bildeten einen weiteren Schwerpunkt. So verfügten beispielsweise Geringqualifizierte in prekären Arbeitsverhältnissen oftmals über keine Zugangsmöglichkeiten zu betrieblicher Weiterbildung. Hier gelte es, im Sinne von ‚Guter Arbeit‘ Weiterbildungsmöglichkeiten zu eröffnen und Wege aus der prekären Beschäftigung zu erleichtern. Da oftmals aber auch negative Lernerfahrungen in der Vergangenheit als Weiterbildungsbarriere wirkten, müssten zudem Prozesse des ‚Lernen Lernens‘ durch Beratungsstrukturen unterstützend begleitet werden. Eine Möglichkeit hierfür stelle die Einführung von Mentorinnen bzw. Mentoren dar, die individuelle Beratungsleistungen erbringen könnten. Wie auch in anderen Workshops wurde hierbei die Notwendigkeit verlässlicher Beratungsstrukturen betont, die über längere Zeiträume hinweg Bestand haben sollten.

Aktive Eingliederung

Mit einem Workshop zum Thema ‚Aktive Eingliederung in der neuen ESF-Förderperiode 2014 bis 2020‘ fand die Veranstaltungsreihe ihren Abschluss. Zu den Gästen gehörten diesmal Mitglieder des Landtags und des Gemeinsamen Begleitausschusses sowie Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen, Jobcentern, Maßnahmenträgern und Landesministerien.

„Neben Maßnahmen zur sozialen Integration sind auch öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse unverzichtbar.“ Jörg Jurkeit

Im Mittelpunkt stand die Frage, wie das Land mithilfe des ESF einen Beitrag zum Europa-2020-Kernziel der Armutsbekämpfung leisten kann, das in Deutschland national über das Primärziel der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit verfolgt wird. Sabine Hübner wies in ihrer Begrüßung darauf hin, dass der spezifische Ansatz Brandenburgs die konkrete Situation im Land berücksichtigen müsse.

Insbesondere sei eine effektive Arbeitsteilung mit den Instrumenten anzustreben, die nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) zur Verfügung stehen. Ziel müsse es sein, Chancenungleichheiten möglichst effektiv und frühzeitig zu bekämpfen, um so die Lebensqualität in Brandenburg insgesamt zu verbessern.

Der Vertreter des MASF, Jörg Jurkeit, gab in seinem Vortrag einen Überblick über die Situation der Langzeitarbeitslosigkeit im Land und über die gegenwärtigen Aktivitäten und Interventionen zur aktiven Eingliederung. Die Arbeitsmarktintegration langfristig arbeitsloser Menschen stelle die Akteure in der kommenden Förderperiode vor besondere Anforderungen. Um die Bemühungen dieser Zielgruppe um reguläre Beschäftigung zu unterstützen, müssten individuelle, intensive und passgenaue Betreuungsangebote angeboten werden. Besonderer Unterstützung bedürften aber auch diejenigen Menschen, die beispielsweise aufgrund gesundheitlicher oder sozialer Probleme keine unmittelbare Aussicht auf eine Einstellung haben. Hier seien neben Maßnahmen zur sozialen Integration auch öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse unverzichtbar. Zudem müsse die Gefahr der Verfestigung von Armutsstrukturen in erwerbslosen Familien künftig stärker im Fokus stehen. Hier seien besondere Anstrengungen vonnöten, da Kinder, die in den betroffenen Familien aufwachsen, von Anfang an stark benachteiligt und dem Risiko einer ‚Vererbung‘ von Armut ausgesetzt wären.

Claudia Münch
Claudia Münch, Prognos AG Berlin, referiert zu den Entwicklungslinien der Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland.

Claudia Münch von der Prognos AG Berlin widmete sich in ihrem Vortrag den Entwicklungslinien der Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland und unternahm eine Systematisierung ihrer Strukturmerkmale und Ursachen. Neben anderen Faktoren führte sie dabei vor allem das Problem eines strukturellen ‚Mismatch‘ zwischen den Qualifikationen der Arbeitssuchenden und den Anforderungsprofilen offener Stellen an. Als Faktoren für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration wurden beispielsweise die Niedrigschwelligkeit von Unterstützungsangeboten, individuelle Förderpläne und eine hohe Betreuungsintensität durch pädagogisch und fachlich kompetentes Personal genannt. Zu den weiteren Empfehlungen gehörte unter anderem die Intensivierung der regionalen Vernetzung und Kooperation der an den Förderungen beteiligten Akteure.

Auch in der letzten Veranstaltung entwickelte sich im Anschluss an die Beiträge der Referentinnen und Referenten ein reger Austausch zwischen den Teilnehmenden. In mehreren Beiträgen wurde darauf hingewiesen, dass die notwendigen Instrumente für die Förderung von nur schwer auf dem Arbeitsmarkt zu integrierenden Arbeitslosen nicht zuletzt aufgrund von Kürzungen im Bund bei der Arbeitsmarktförderung oftmals fehlten. Vor diesem Hintergrund stelle insbesondere die Förderung sozialbetrieblicher Strukturen eine Handlungsoption dar; Sozialbetriebe könnten als Impulsgeber für die Integration langzeitarbeitsloser Menschen fungieren. Darüber hinaus sprachen sich mehrere Teilnehmende für eine stärkere Berücksichtigung der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes aus: Denkbar wäre hier beispielsweise der Einsatz von ‚Betriebsbegleitern‘, die die Unternehmen beim Anlernen und Qualifizieren Geringqualifizierter unterstützen.

„Die Sozialbetriebe können als Impulsgeber für die Integration langzeitarbeitsloser Menschen fungieren.“ ein Teilnehmer

Auch wurde betont, dass sich bestehende Ansätze zur Stärkung der regionalen Komponente der Arbeitspolitik bewährt hätten. Wichtig sei hier aber eine Intensivierung der regionalen Vernetzung, die durch die Stärkung entsprechender finanzieller und personeller Ressourcen unterstützt werden sollte.

Als weitere Aufgaben wurden unter anderem die Gewährleistung der Kontinuität und Langfristigkeit von Fördermaßnahmen, die Unterstützung Alleinerziehender und die Förderung von Strukturen zur sozialen Integration langzeitarbeitsloser Menschen hervorgehoben. Hier leisteten zum Beispiel Nachbarschaftsdienste und andere Formen bürgerschaftlichen Engagements wichtige Arbeit. Zudem müssten hier Spielräume für soziale Innovation bestehen.

Wie geht es weiter?

Die Planungen für den neuen Förderzeitraum für den Europäischen Sozialfonds 2014 bis 2020 laufen weiter auf Hochtouren. Vorgesehen ist, bis Ende des Jahres einen ersten Entwurf des Operationellen Programms fertigzustellen. Die Anregungen und Ideen aus den Workshops finden Eingang in die Überlegungen zur Gestaltung dieses Programms, soweit sie mit den Zielen des ESF und den EU-Verordnungen vereinbar sind. Mit dem Ende des letzten Themenworkshops ist der partnerschaftliche Abstimmungsprozess noch nicht abgeschlossen. Im Rahmen von Veranstaltungen der Partner oder auf den regelmäßigen Begleitausschusssitzungen werden die Gespräche und der Meinungsaustausch fortgesetzt.

Michael Steinbach,
BBJ Consult AG

 Seitenanfang

Infos

Auf der ESF-Webseite des Landes sind die Positionspapiere und sonstigen Dokumente zu den Workshops veröffentlicht und stehen dort für alle Interessierten zur Verfügung.

E-Mail-Adresse für Ihre Beiträge:
brandenburg-esf2014@bbj.de